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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Diffusschall von verschiedenen Lautsprechern im Raum



FoLLgoTT
04.12.2015, 13:08
Da das Thema ja aktuell heiß diskutiert wird, möchte ich mal eine Messung beisteuern. ;)

Ich habe ja in den letzten Monaten/Jahren sehr viel in meinem kleinen Bastelzimmer gemessen. Dort führe ich auch meine Winkelmessungen durch und werte sie gefenstert aus. Der Raum ist ca. 16 m² groß und kaum bedämpft. Dei RT60 beträgt im Schnitt 500 ms und fällt nach oben hin etwas ab.

Ich habe mal von einigen Lautsprechern den Direktschall und den Diffusschall bis zu 1 s getrennt ausgewertet. Dafür habe ich die Fenster einfach unterschiedlich gesetzt. Das funktioniert, weil die Lautsprecher auf einem Stativ mitten im Raum standen und somit die Erstreflexion in der Impulsantwort separiert auftauchte. Diese habe ich als zeitliche Grenze für den Direktschalls benutzt.
Als nächstes habe ich den Direktschall von dem Diffusschall abgezogen. Das entspricht einer Normierung auf den Direktschall und eliminiert Nichtlinearitäten im Amplitudengang. Die Kurven sind also direkt vergleichbar, beziehen sich aber nur auf meinen Raum!

http://www.diy-hifi-forum.eu/forum/attachment.php?attachmentid=9632&stc=1&d=1449234219

Bei allen Lautsprechern ist die Tendenz gleich. Zu den Höhen fällt der Pegel des Diffusschalls ab. Markante Unterschiede gibt es im Bündelungsmaß. Der Quasikoax bündelt am stärksten und unterdrückt dadurch am besten die Reflexionen.
Der Halbraumstrahler ist das Gegenteil. Bei ihm ist der Diffusschall teilweise sogar lauter als der Direktschall! Und das bereits in 1 m Entfernung. Die Nichtlinearitäten des Halbraumstrahlers korrelieren direkt mit dem Abstrahlverhalten. Er besitzt um 1,2 kHz eine Aufweitung. Die ist auch so im Diffusschall sichtbar. Der Diffusschall ist also besonders verfärbt. Auch bei der B2031A ist der Bereich über 10 kHz invertiert im Abstrahlverhalten sichtbar.

Nun ist der Raum natürlich nicht behandelt und klingt lange nach. Trotzdem zeigen solche Auswertungen, wie sich das Abstrahlverhalten auf die Reflexionen auswirkt. Selbst wenn der Raum frequenzneutral abklingt, sind Unstetigkeiten unter Winkeln auch im Diffusschall vorhanden. Und je größer die Hörentfernung, desto ungünstiger wird das Verhältnis zum Direktschall.

Das ist im Grunde alles nichts neues. Nur sieht man selten getrennte Messungen von Direkt- und Diffusschall. :)

Kripston
04.12.2015, 14:01
Hallo Nils,
sitze ich jetzt auf der Leitung ?
Müsste man nicht den Direktschall vom Raumfrequenzgang abziehen, um den um den Direktschall bereinigten Diffusschall / Raumfrequenzgang zu bekommen ?


Bitte um Erklärung....

Gruß
Peter Krips

FoLLgoTT
04.12.2015, 14:09
Müsste man nicht den Direktschall vom Raumfrequenzgang abziehen, um den um den Direktschall bereinigten Diffusschall / Raumfrequenzgang zu bekommen ?

Ja, dann bekommt man den Diffusschall. Ich wollte aber den Difusschall bezogen auf den Direktschall. Also auch ohne die Nichtlinearitäten im Amplitudengang, die man durch einfache Entzerrung wegbekommt. Daher habe ich den Direktschall noch einmal abgezogen.

Ich verstehe es so:

Direktschall + Difussschall = Raumschall

also

Raumschall - Direktschall = Difusschall

und weiterhin

Diffusschall - Direktschall = relativer Diffusschall (quasi auf Direktschall normiert)

Kripston
04.12.2015, 14:19
Hallo Nils,

Ja, dann bekommt man den Diffusschall. Ich wollte aber den Difusschall bezogen auf den Direktschall. Also auch ohne die Nichtlinearitäten im Amplitudengang, die man durch einfache Entzerrung wegbekommt. Daher habe ich den Direktschall noch einmal abgezogen.

Ich verstehe es so:

Direktschall + Difussschall = Raumschall

also

Raumschall - Direktschall = Difusschall

und weiterhin

Diffusschall - Direktschall = relativer Diffusschall (quasi auf Direktschall normiert)

soweit klar, du schreibst aber im ersten Post, dass du den Diffusschall vom Direktschall abziehst, das verwirrt mich ein wenig....

Gruß
Peter Krips

FoLLgoTT
04.12.2015, 14:26
Oh, das war ein Fehler im ersten Beitrag. Ich korrigiere das mal. :)

newmir
04.12.2015, 15:09
Das gibt ja keine Antwort auf die Frage, ob Diffusschall gut oder schlecht ist. Oder ob er unter irgendwelchenwelchen Randbedingungen gut oder schlecht ist. Ich kenne dazu Deine Meinung aber auch ein paar andere.

Ich frage auch, weil es im Freundeskreis noch eine renovierte Bose 901/IV gibt. Ich fand die eigentlich immer ganz eindrucksvoll. Die soll ich eigentlich mal durchmessen. Ich weiss nur noch nicht wie .....

Kripston
04.12.2015, 15:57
Hallo Nils,
mal eine verfahrenstechnische Frage:
Kommt man zum Diffusfeldfrequenzgang nicht schneller und einfacher, wenn man (unter der Annahme, dass mit ARTA gemessen wird) den linken Marker in der PIR-Datei vor die erste Reflexion setzt und den rechten dann entsprechende ms nach rechts verschiebt, wie lange man halt das Fenster offen lassen will ?

Bei meinem altehrwürdigen DLSA funktioniert das so....

Gruß
Peter Krips

FoLLgoTT
04.12.2015, 16:06
Das gibt ja keine Antwort auf die Frage, ob Diffusschall gut oder schlecht ist. Oder ob er unter irgendwelchenwelchen Randbedingungen gut oder schlecht ist.

Das hat Toole ja auch recht gut untersucht, zumindest die Erstreflexionen. Von Diffusschall kann man ja in kleinen Räumen sowieso nicht wirklich reden. Eher von ortsabhängigen "diskretem Reflexionsmuster".

Uns fehlt aber selbst in dieser Messung, die ja schon eine ganz andere Information darstellt als der Amplitudengang auf Achse, immer noch die Richtungsinformation. Man kann zwar auch so schon grob auf den Klang schließen, zumindest, was die Lokalisation und den Entfernugnseindruck angeht, aber es fehlen eben noch objektive Daten.


Kommt man zum Diffusfeldfrequenzgang nicht schneller und einfacher, wenn man (unter der Annahme, dass mit ARTA gemessen wird) den linken Marker in der PIR-Datei vor die erste Reflexion setzt und den rechten dann entsprechende ms nach rechts verschiebt, wie lange man halt das Fenster offen lassen will ?

So habe ich es ja auch gemacht. :)

1. Marker um Direktschall herum gesetzt (Fenstergröße = 3 ms)
2. Marker vor Erstreflexion gesetzt (Fenstergröße 1000 ms)

Und dann habe ich eben beide Kurven voneinander subtrahiert, um die Normierung zu erreichen.

Grasso
04.12.2015, 19:11
Je größer der Lautsprecher, desto mehr bündelt er. Nils Quasikoax ist einen Meter breit, sein Linienstrahltrichter einen halben, der Behringer wohl ein Nahfeldmonitor/Regalbox, und der "Halbraumstrahler" ein kleiner Breitbänder, oder? Das heißt, kleine Boxen sind dazu da, mit dem Raum zu hören, große ohne ihn. Wobei starke Bündelung nur dann ein kopfhörermäßiges Klangbild ergibt, wenn die Wand hinter dem Hörer akustisch weich ist.

FoLLgoTT
04.12.2015, 19:22
Je größer der Lautsprecher, desto mehr bündelt er. Nils Quasikoax ist einen Meter breit, sein Linienstrahltrichter einen halben, der Behringer wohl ein Nahfeldmonitor/Regalbox, und der "Halbraumstrahler" ein kleiner Breitbänder, oder?

Leider knapp daneben! ;)

Breite x Höhe:

Quasikoax: 0,5 x 0,5 m
Linienstrahler 0,5 x 0,35 m
Halbraumstrahler: 0,5 x 0,7 m

Der Halbraumstrahler war also der größte. Er war ein 3-Weger aus 8" Konus, 2"-Kalotte und 0,6"-Kalotte. Die Trennfrequenz lagen bei 600 Hz und 2700 Hz, wenn ich mich recht erinnere. Sie lagen also so, dass alle Treiber im Übergangsbereich noch nicht bündeln. Eben ein Halbraumstrahler.
Die Aufweitung bei 1,2 kHz entstand wohl durch die symmetrische Platzierung der Treiber, also durch Kantendiffraktion. Im Nachhinein kein wirklich guter Lautsprecher. ;)

Die Größe eines Lautsprechers sagt erstmal nicht viel über die Bündelung aus. Die erzeugen Quasikoax und Linienstrahler nämlich ganz anders (Interferenz und Horn/Waveguide).

Grasso
04.12.2015, 19:42
Zeige bitte ein Bild von allen Lautsprechern zusammen, Nils! Sonst können sich das nur Gurus vorstellen, und für alle anderen bleibt es ein "Ich bin ein Guru aber sage Euch nicht wieso."

Diskus_GL
04.12.2015, 21:05
Uns fehlt aber selbst in dieser Messung, die ja schon eine ganz andere Information darstellt als der Amplitudengang auf Achse, immer noch die Richtungsinformation. Man kann zwar auch so schon grob auf den Klang schließen, zumindest, was die Lokalisation und den Entfernugnseindruck angeht, aber es fehlen eben noch objektive Daten.

Hallo,

Die Richtung kann man recht gut rein geometrisch abschätzen (Massstäbliche Zeichnung des Zimmers mit Hörplatz, den Boxen und allen reflektierenden Wänden). Den Winkel wie die Boxen unter diesem Winkel abstrahlen hast Du ja - zumindest kann man abschätzen unter welchem Winkel was am Hörplatz ankommt... und vor allem mit welchem Pegel und nach welcher Zeit - der Winkel ist gar nicht mal so wichtig...solange er spät genug und laut genug seitlicher beim Hörer ankommt als der Direktschall.
Figure 6.13 in Tooles Buch gibt eine gute Vorlage, welche Pegeldifferenz (zwischen reflektiertem Schall und Direktschall) und Verzögerung man anstreben sollte (und welche man tunlichst vermeiden sollte: Frühreflexionen <5ms). Das Diagramm bezieht sich zwar im wesentlichen auf die empfundene Räumlichkeit, passt aber prinzipiell auch für fast alle anderen Einflüsse reflektierten Schalls (Lokalisation, Tonalität, Dynamik, etc...).
Damit kann man sich dann Gedanken über Boxenaufstellung oder die Wahl der Box (mit dem geeigneten Abstrahlverhalten) machen....

Grüsse Joachim

FoLLgoTT
05.12.2015, 09:03
Zeige bitte ein Bild von allen Lautsprechern zusammen, Nils! Sonst können sich das nur Gurus vorstellen, und für alle anderen bleibt es ein "Ich bin ein Guru aber sage Euch nicht wieso."

Der Halbraumstrahler existiert gar nicht mehr. Aber ich habe noch ein Foto gefunden. ;)

Linienstrahler (http://hannover-hardcore.de/infinity_classics/!!!/Dokumentation%20Linienstrahler%20Prototyp.pdf)
Quasikoax (http://hannover-hardcore.de/infinity_classics/!!!/Dokumentation%20Quasikoax%20Prototyp.pdf)
Behringer B2031A (http://www.music-group.com/Categories/Behringer/Loudspeaker-Systems/Studio-Monitors/B2031A/p/P0252)

Halbraumstrahler:
http://www.diy-hifi-forum.eu/forum/attachment.php?attachmentid=9633&stc=1&d=1449305276


Es soll hier aber eigentlich nicht um die Lautsprecher gehen, die ich gemessen habe, sondern um das Messen an sich. Ich wollte nur mal zeigen, wie sich der Diffusschall in einem zufällig ausgewählten Raum von verschiedenen Lautsprechern unterscheidet. Das ist ja etwas, das man mit den einfachen Frequenzgangmessungen nicht sieht. Man kann es zwar aus einer Winkelmessung erahnen, aber da der Raum noch seinen Teil dazu beiträgt, bleibt es auch nur beim Erahnen.

BiGKahuunaBob
05.12.2015, 09:53
Hallo Nils,

Interessante Messungen, danke für die Mühe!

Welcher der Konstruktionen die Du gemessen hast, kommt denn Deiner Meinung nach am besten "mit dem Raum" zurecht?
Hast Du auch mal abgehört?

Viele Grüße
Roland

PS. Ich weiß es soll um die Messung an sich gehen, aber die Interpretation und Ableitung für zukünftige Konstruktion wäre interessant.

FoLLgoTT
05.12.2015, 10:20
Welcher der Konstruktionen die Du gemessen hast, kommt denn Deiner Meinung nach am besten "mit dem Raum" zurecht?
Hast Du auch mal abgehört?

Dazu kann ich keine vollständige Aussage treffen, weil ich von den beiden Prototypen jeweils nur einen habe/hatte.

Die Halbraumstrahler habe ich lange Zeit im Nahfeld am PC benutzt (vorher in einem anderen schlecht bedämpften Raum). Das war soweit in Ordnung, weil die Sitzentfernung sehr gering war. Sobald man aber im Raum herumläuft, merkt man schnell, wie diffus es klingt und wie schlecht die Lokalisation ist. Dafür ändert sich die Klangfarbe aber auch kaum. Es wird z.B. nie dumpf, egal wo man steht. Das heißt, für eine Hintergrundberieselung ist sowas gar nicht schlecht.
Früher hingen sie bei mir in der Küche (große Altbauküche) und ich konnte sie während des Kochens benutzen. Für sowas sind solche Teile perfekt! :D

Linienstrahler und Quasikoax sind völlig andere Lautsprechertypen. Der Quasikoax bündelt insgesamt so stark, wie ich es noch von keinem anderen Lautsprecher zuvor erlebt habe. Wenn ich das Teil in diesem Raum 2,5 m weit weg stelle, dann klingt es fast wie direkt vor dem Kopf. Er blendet den Raum also sehr effektiv aus. Das sieht man auch, wenn man die Erstreflexion von der Decke in 1m Entfernung separiert betrachtet. Die liegt bei ca. -20 dB. Beim Halbraumstrahler sind es ca. -10 dB. Das ist also ein richtig großer Unterschied.
Mit dem Quasikoax werden hohe Lautstärken auch nicht so schnell unangenehm wie bei dem Halbraumstrahler, weil die Reflexionen einfach so stark abgeschwächt sind und es immer "sauber" und "definiert" klingt.
Der Quasikoax ist aber völlig ungeeignet, um damit irgendwo im Raum zu hören. Sobald man unter größeren Winkeln hört, wird es dumpf, weil der Bass/Grundton konstant bleibt, alles darüber aber nicht. Zusätzlich kann es vorkommen, dass die Reflexion von der gegenüberliegenden Wand lauter ist als der Direktschall und die Lokalisation völlig daneben ist. Mit geschlossenen Augen würde man denken, der Lautsprecher stehe ganz woanders. ;)

Aaaber, ich habe damit noch nie in Stereo gehört. Ich kann mir vorstellen, dass das einigen zu "direkt" sein wird. Ich mag das allerdings, weswegen ich das Teil wohl auch bauen werde. Es kommt aber auch dazu, dass der spätere Aufstellungsort asymmetrisch sein wird, mit einem Fenster auf der einen Seite. Das kann nicht bedämpft werden. Also hilft nur eine hohe Bündelung.


PS. Ich weiß es soll um die Messung an sich gehen, aber die Interpretation und Ableitung für zukünftige Konstruktion wäre interessant.

Das war vielleicht missverständlich. Die Interpretation gehört natürlich auch dazu. Ich wollte hier nur nicht die spezifischen Lautsprecher im Detail diskutieren. :)