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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Stromquelle vs Spannungsquelle



wilopaan
05.02.2017, 09:17
Hallo zusammen,

in den letzten paar Tagen habe ich ein bisschen zum Thema signalgesteuerte Stromquelle (transconductance amplifier) gelesen. Man findet viel pro und auch viel contra für den Einsatz als "Verstärker" für die Ansteuerung von LS.

Ich betreibe mein LS alle als Mehrwege-Aktiv-Systeme mit unterschiedlichen Versionen von symmetrischen LM3886 Endstufen. Weil ich eh am überarbeiten bin, wollte ich gerne das Stromquellen-Prinzip einmal umsetzen.

De Frage: gibt es erprobte(!) Entwürfe für Chip-Amps wie LM3886 als spannungsgesteuerte Stromquelle?

VG
Wilhelm

jones34
05.02.2017, 13:01
Mit einer Stromquelle wirst du im Zusammenhang mit Lautsprechern nicht glücklich werden.
Durch die nichtlineare Impedanz verzerrst du so dein Frequenzgang deutlich.

wilopaan
05.02.2017, 13:38
Lineare Verzerrungen (Frequenzgang) interessieren ja nicht, denn die werden per DSP entzerrt. Die Weiche ist ja eh im DSP, Raumkorrektur, Chassis-Korrektur, ...

Der große Vorteil der Stromquelle im Zusammenhang mit LS ist die Verringerung der nicht-linearen Verzerrungen.

ThomasF
05.02.2017, 13:59
De Frage: gibt es erprobte(!) Entwürfe für Chip-Amps wie LM3886 als spannungsgesteuerte Stromquelle?

@Wilhelm,
so etwas wirst du nicht finden.
Prinzipiell ist es aber möglich jede Endstufe auf Strombetrieb umzustricken.
Finde auf die Schnelle nur dieses PDF von einem Audio Pro -Subwoofer (http://www.cieri.net/Documenti/Schemi/Audio%20Pro%20-%20Subwoofer%20attivo%20con%20Ace-Bass%20B2-40.pdf).

Schaue dir den Schaltplan an.
Vielleicht reicht dir das als Anregung.



Mit einer Stromquelle wirst du im Zusammenhang mit Lautsprechern nicht glücklich werden.
Durch die nichtlineare Impedanz verzerrst du so dein Frequenzgang deutlich.
Das ist auch das Problem von Röhrenverstärkern durch den (zum Teil) geringen Dämpfungsfaktor.
Kann man aber kompensieren!

Gruß
Thomas

wilopaan
05.02.2017, 14:10
Danke für den Schaltplan: das ist der Standardweg, der einem so einfällt. So würde ich es jetzt auch machen ...

スピーカ
05.02.2017, 15:03
Ich habe vor einiger Zeit mit stromgesteuerten Lautsprechern experimentiert. Als Informationsquelle hatte ich das Buch "Current-Driving of Loudspeakers" :
http://www.current-drive.info/

Das Buch ist auf englisch und nicht ganz leichte Kost. Die meisten mathematischen Herleitungen habe ich ehrlich gesagt übersprungen, aber die sind für das Grundverständnis auch nicht zwingend.

Bei meinen Versuchsaufbauten mit einen Breitbänder konnte ich keinen Unterschied zwischen spannungsgesteuert und stromgesteuert hören, obwohl es prinzipiell bei stromsteuerung besser sein müsste. Meine Ohren sind jedoch keine allgemeingültige Referenz und zu Verzerrungsmessungen bin ich damals mangels gutem Mikro nicht gekommen.
Soviel kann ich zumindest sagen: Der Unterschied ist sehr gering.

wilopaan
05.02.2017, 15:22
Ja, das Buch besitze ich auch. Und habe diverse Paper dazu gefunden.

Mit würde interessieren, welchen Verstärkeraufbau Du gewählt hast? Da Du einen BB eingesetzt hast, hattest Du keine Weiche, oder? Ggf. ein passives Korrekturglied?

スピーカ
05.02.2017, 15:36
Als Verstärker hatte ich eine selbst gebaute Mosfet-Endstufe(ähnlich Albs), die ich je nach Erfordernissen beschaltet habe.
Und ja, passiv korrigiert, obwohl selbst der unkorrigierte Unterschied auch nur gering war :)
Einfach mal ausprobieren. Ein LM3886 lässt sich schnell aufbauen.

JFA
06.02.2017, 06:31
Der große Vorteil der Stromquelle im Zusammenhang mit LS ist die Verringerung der nicht-linearen Verzerrungen.

Richtig.

Und warum wird das nicht flächendeckend eingesetzt? Weil schwierig zu realisieren, und man den Verzerrungen auch anders beikommen kann (oder es gar nicht will).

Traktrix
06.02.2017, 06:52
Und warum wird das nicht flächendeckend eingesetzt?

Sehr gute Frage! Habe darueber einmal mit einem frueheren Mitarbeiter von Canton sprechen koennen. Die hatten wohl 'mal in den spaeten 80ern/fruehen 90ern (= Vor-DSP-Zeit) bei einem Aktivteil den Hochtoener im Stromquellenbetrieb, Ziel war dabei, deren Schwingspuleninduktivitaet (= Quelle diverser Nichtlinearitaeten) in ihren Auswirkungen auszuhebeln. Da die dann in Reihe zur Stromquelle liegt, wird sie faktisch unwirksam. Das scheint sich aber nicht wirklich bewaehrt zu haben, denn Canton ist davon (nach Weggang meines oben erwaehnten Gespraechspartners) wieder abgerueckt - wie uebrigens auch von allen moeglichen, z.T. sogar patentierten Regelungen, die Canton damals in Konkurrenz zu B&M probiert hat.

Gruss Jens

wilopaan
06.02.2017, 07:05
Richtig.

Und warum wird das nicht flächendeckend eingesetzt? Weil schwierig zu realisieren, und man den Verzerrungen auch anders beikommen kann (oder es gar nicht will).

Es ist eigentlich nicht schwieriger als ein Spannungsverstärker - nur anders.

Warum sollte man die Verzerrungen der Chassis nicht reduzieren wollen?

wilopaan
06.02.2017, 07:09
Sehr gute Frage! Habe darueber einmal mit einem frueheren Mitarbeiter von Canton sprechen koennen. Die hatten wohl 'mal in den spaeten 80ern/fruehen 90ern (= Vor-DSP-Zeit) bei einem Aktivteil den Hochtoener im Stromquellenbetrieb, Ziel war dabei, deren Schwingspuleninduktivitaet (= Quelle diverser Nichtlinearitaeten) in ihren Auswirkungen auszuhebeln. Da die dann in Reihe zur Stromquelle liegt, wird sie faktisch unwirksam. Das scheint sich aber nicht wirklich bewaehrt zu haben, denn Canton ist davon (nach Weggang meines oben erwaehnten Gespraechspartners) wieder abgerueckt - wie uebrigens auch von allen moeglichen, z.T. sogar patentierten Regelungen, die Canton damals in Konkurrenz zu B&M probiert hat.

Gruss Jens

Ja, genau: Vor-DSP-Zeit. Will man einen Stromquellenbetrieb in der Nähe / bei der Resonanzfrequenz durchführen, muss man ja kompensieren. Und das war eben aufwendig ...

Nicht alles was gut ist, ist kommerziell erfolgreich :)

Bei Fa. Klippel wird es genauso eingesetzt:

http://www.klippel.de/our-products/controlled-sound.html

JFA
06.02.2017, 07:19
Es ist eigentlich nicht schwieriger als ein Spannungsverstärker - nur anders.

Wir reden nochmal darüber, wenn es soweit ist ;)


Warum sollte man die Verzerrungen der Chassis nicht reduzieren wollen?

Weil es einen Großteil der Leute nicht interessiert. Die Anmerkung war eher als Seitenhieb auf eben diese Klienten gedacht.

Verzerrungen bekommt man durch geschickte Auslegung des Antriebs weitestgehend weg (bei passiven LS), oder durch Regelung, oder modellbasierte Steuerung (Klippel).

Letzteres hatten wir so ähnlich schon in den 80ern, allerdings analog. Resultat: Bauteilegrab und hat gerauscht wie blöde. Wurde später durch eine einfache Regelung ersetzt

Traktrix
06.02.2017, 17:02
Ja, genau: Vor-DSP-Zeit. Will man einen Stromquellenbetrieb in der Nähe / bei der Resonanzfrequenz durchführen, muss man ja kompensieren. Und das war eben aufwendig ...

Z.T. richtig, das waere so bei Betrieb "in der Nähe / bei der Resonanzfrequenz" so. Aber natuerlich wurde der Hochtoener aktiv so getrennt, dass er hinreichend "weit weg" von der Hochtoener-Resonanzfrequenz betrieben wurde. Es ging, s.o., vor allem um die Reduzierung des Einflusses des Schwingspuleninduktivitaet, also eher um den oberen Teil des Uebertragungsbereiches des Hochtoeners.

Gruss Jens

P.S. Das ganze war uebrigens Mitte/Ende der 80er, nicht in den fruehen 90ern - wie von mir zunaechst noch fuer moeglich gehalten.

adicoustic
08.02.2017, 20:00
Weil ich das Thema auch interessant finde (es gibt Anwendungen im Nicht-HiFi-Bereich, bei denen Lautsprecher an Stromquellen betrieben werden), hab ich mal ganz rudimentär in LTSpice (http://www.linear.com/designtools/software/#LTspice) das Ersatzschaltbild eines Lautsprechers mal eine eine Spannungsquelle und mal an eine Stromquelle gehängt. Das Modell stammt im Original von http://jm.plantefeve.pagesperso-orange.fr/LT_box.html
(http://jm.plantefeve.pagesperso-orange.fr/LT_box.html)
Die Endungen der angehängten Dateien müssen nach .asc umbenannt werden!

adicoustic
08.02.2017, 20:11
Links der LS an einer Spannungsquelle, rechts an einer Stromquelle. Die grünen Kurven zeigen die Schalldruckpegel-FG, die blauen die Schallleistungspegel-FG.

Die Rechnung wurde jeweils für eine Leistung von 1,9 W gemacht, also links bei 2,83 V and 4,2 Ohm, rechts bei 674 mA an 4,2 Ohm.

JFA
09.02.2017, 06:22
(es gibt Anwendungen im Nicht-HiFi-Bereich, bei denen Lautsprecher an Stromquellen betrieben werden),

Wo denn das?

EMP
09.02.2017, 06:34
Wo denn das?
Ich könnte mir vorstellen, dass er Shaker meint. Im Eneffekt ein Lautsprecher ohne Membran :)

capslock
09.02.2017, 10:09
Stromansteuerung ist aber fast schon Voraussetzung für Regelung, da dank ausgeschalteter Induktivität schneller uns somit mehr Schleifenverstärkung / höhere Grenzfrequenz möglich.

Und die Regelung erschlägt dann auch gleich die weitgehend unbedämpfte Resonanz.

Spatz
09.02.2017, 12:26
Hier gibt es übrigens auch noch eine Menge Infos, leicht verständlich, warum IGK eine gute Sache ist:

http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic.php?f=37&t=1492

Ich zumindest würde mich über eine leicht zu bauende Version eines IGK-Verstärkers sehr freuen...

スピーカ
09.02.2017, 15:57
Wo denn das?

Zum Beispiel bei Linearmotoren. CD-Player haben z. B. ein kleinen 'Lautsprecher' um die Linse zu fokussieren. Und die Ansteuerung läuft in der Tat immer im Strombetrieb.

capslock
10.02.2017, 06:49
An den veröffentlichten Schaltungen für einen Stromverstärker stört mich immer, dass im Prinzip ein Spannungsverstärker mit geringer open-loop-Impedanz per Gegenkopplung dazu gebraucht wird, eine hohe Impedanz zu haben, was ab einigen kHz nicht mehr so gut funktioniert, weil halt die Schleifenverstärkung abnimmt.

Im Prinzip wäre sowas wie ein Diamond-Amp, also mit den Ausgangstransitoren in Kollektorschaltung an den Rails, geeigneter. Ich habe sowas leider noch nie gesehen und bin selbst noch nicht dazu gekommen, erste Konzepte durchzusimulieren.

wilopaan
10.02.2017, 08:00
An den veröffentlichten Schaltungen für einen Stromverstärker stört mich immer, dass im Prinzip ein Spannungsverstärker mit geringer open-loop-Impedanz per Gegenkopplung dazu gebraucht wird, eine hohe Impedanz zu haben, was ab einigen kHz nicht mehr so gut funktioniert, weil halt die Schleifenverstärkung abnimmt.

Wenn Du Dich auf die LM38... oder TDAs beziehst, dann haben die ca 115dB Open-Loop-Gain. Und natürlich nimmt die Schleifenverstärkung mit f ab. Aber dabei ist es egal, wie ich die Gegenkoppelung gewinne ...


Im Prinzip wäre sowas wie ein Diamond-Amp, also mit den Ausgangstransitoren in Kollektorschaltung an den Rails, geeigneter. Ich habe sowas leider noch nie gesehen und bin selbst noch nicht dazu gekommen, erste Konzepte durchzusimulieren.

Was ist ein Diamond-Amp ... ich kenn nur die Fa. Diamond.

Und was meinst Du mit dem Prinzip? Ein bipolarer AB-Verstärker hat die Kollektoren doch an den Versorgungsspannungen??? Das sind ja Kollektor-Schaltungen.

capslock
10.02.2017, 08:31
Es gibt noch eine Welt außerhalb der Chipamps.

Was die Verschaltung der Endstufen angeht, normalerweise hat man Emitterfolger, ja, das heißt auf Deutsch Kollektorschaltung, mein Fehler.

Was ich meinte, sind Emitter an den Rails, also wie bei einer Gegentakt-VAS in einem konventionellen Verstärker.

Diamond Amp:
http://www.ti.com/lit/an/sboa071/sboa071.pdf

スピーカ
10.02.2017, 18:48
An den veröffentlichten Schaltungen für einen Stromverstärker stört mich immer, dass im Prinzip ein Spannungsverstärker mit geringer open-loop-Impedanz per Gegenkopplung dazu gebraucht wird, eine hohe Impedanz zu haben, was ab einigen kHz nicht mehr so gut funktioniert, weil halt die Schleifenverstärkung abnimmt.

Im Prinzip wäre sowas wie ein Diamond-Amp, also mit den Ausgangstransitoren in Kollektorschaltung an den Rails, geeigneter. Ich habe sowas leider noch nie gesehen und bin selbst noch nicht dazu gekommen, erste Konzepte durchzusimulieren.
Habe ich mal als Composite-Amp simuliert:

スピーカ
08.07.2022, 18:18
Hallo wilopaan,

einige Tage später...;)
Bist Du bei Deiner Umsetzung schon weiter gekommen, bzw. gibt es eventuell was zu zeigen?
Die Stromsteuerung von Lautsprechern finde ich nach wie vor interessant.

Gruß Patrick

Zonfeld
02.08.2022, 11:13
Mit dem LM1875 wurde das schon gemacht.

66799 6680166802668036680466806668076680866809

wgh52
02.08.2022, 12:23
Es gibt noch eine Welt außerhalb der Chipamps.

Was die Verschaltung der Endstufen angeht, normalerweise hat man Emitterfolger, ja, das heißt auf Deutsch Kollektorschaltung...

Was ich meinte, sind Emitter an den Rails...

Deine Prinzipbeschreibung passt irgendwie auf die ABACUS Endstufenschaltungen.

66810 66811

:prost: