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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die M1 im LS3/5A-Mantel



mtthsmyr
22.06.2018, 16:33
Um den Battlebetrieb nicht weiter mit vorlauten Beiträgen vom Beckenrand her zu stören, mache ich hier mal einen Thread zu dem Thema auf. Geht um die Kiste im Vordergrund:
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Vorgeschichte:
Die dort verbauten Chassis (Hivi F5 und RT1C-A) sind die Chassiskombination, die auch in der recht bekannten Swans M1 spielen. Die Aussicht für einen Bruchteil des Preises den recht gut beleumundeten Lautsprecher eines kommerziellen Herstellers nachbauen zu können, erschien mir attraktiv. Ich war langsam reif für etwas Kompaktes und ansonsten vermisste ich den Bändchenhochtöner der verkauften Infinity Kappas. Das war 2009 und mein Einstieg in den Lautsprecherselbstbau.
Natürlich ohne Messtechnik und nur mit sehr rudimentärem Wissen. Das Ergebnis war für mich damals beeindruckend genug, um am Selbstbau Feuer gefangen zu haben, aber teilweise eben auch so unbefriedigend, dass dann bald die nächsten Projekte kamen.

Was mir an den Teilen damals gut gefiel, war der sehr präsente Mittelton, die recht feinzeichnenden Höhen und die tolle Bühnenabbildung. Und dass ich den Lautsprecher nicht als ermüdend wahrnahm. Im Grundton war er etwas schlank und der Bass war auch etwas enttäuschend. Meine ersten Gehversuche mit Bedämpfung waren recht kläglich: Ich hatte nur etwas Glasswolle aus einer alten Cantonbox und meine Experimente endeten entweder in "Klang tot" oder "alles super, solange die Musik die Gehäuseresonanzen nicht trifft". :D Ansonsten hatten die Treiber gewisse Qualitäten, die ziemlich einzigartig sind. Unter anderem die Wiedergabe von Frauenstimmen habe ich sehr positiv in Erinnerung.

So ganz in Ruhe gelassen hat mich diese erste Erfahrung auch nie, und 2015 brachte ich von meinem USA-Aufenthalt einen Stapel Hivi-Chassis mit. Das Visaton Quintett-Gehäuse neu zu bestücken war der Plan. Spuren dieses Unterfangens (Hivi-Quintett) lassen sich sicher noch im Forum finden. :o
Auch dieses Vorhaben scheiterte letztendlich. Dass Gehäuse war einfach zu groß, und was ich mittlerweile vermute: zu undicht. Außerdem: der Bass klang immer irgendwie nervig. Im Nachhinein vermute ich: Spulen-K3 trifft auf K3-lastigen TMT. Plus Gehäuseresonanzen.

Dann gab es noch die Hivillu. Da hatte ich mich letztes Jahr mal gehäusetechnisch an einem Bauvorschlag von Timmermanns (Illuminata15) langehangelt. Auch mal dessen Bedämpfungskonzept umgesetzt. Und hier den RT1.3WE eingesetzt. Ging gar nicht. Das MPX-Gehäuse klingelte und der Tiefmitteltöner verhielt sich ausgesprochen sperrig gegenüber den Entzerrungsversuchen. Meine messtechnisch nicht weiter fundierte Vermutung: Ein Treiber mit einfachem Motor, der konsequentes Flachbügeln mit einem gehörigen Mass an Intermodulatiosnverzerrungen quittiert. Wegen des einen oder anderen Battles und anderer interessanter Baustellen, habe ich die Sache eine Weile ruhen lassen.

Dieses Jahr hatte ich nochmal mit dem PerfectlyNormalSpeaker herumgebastelt und dort einen XT25SC90 eingesetzt. Hat im Grunde ganz anständig funktioniert. Okay, soweit mag ich offenbar keine Ringradiatoren. Und würde sagen: für den SB12PAC ist die Schallwand zwar optimal, nur das Volumen nicht. Was haben wir denn noch? Die Hivi-Chassis. 6,5 Liter hatten BR-Mäßig in der Hivillu überzeugt, die 6 Liter des PerfectlyNormalSpeakers könnten mit ein wenig Dämpfungsmaterial knapp hinhauen. Die Schallwand passt von den Ausmaßen perfekt! Und wer weiß, vielleicht klappt's ja diesmal ...:dont_know::built:

Erste Schritte:
Zunächst hatte ich die TMTs unbeschaltet als Breitbänder laufen lassen. Vielversprechend soweit. Klang voller als ich aufgrund der fehlenden Bafflestepkorrektur erwartet hätte. Zur Einordnung, was die Bassabstimmung betrifft:
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Blau ist das aktuelle Gehäuse, Schwarz was ich als soll-Abstimmung bei der Swans vermute, und Rot, was ich in der Hivillu hatte und soweit für die Aufstellung als erstrebenswert halten würde.

Da ich die 0,87mH von der Swans M1 gerade nicht einsatzbereit hatte, bin ich gleich zur Modifikation übergegangen. Mit 1,2mH und leicht angepasstem RC-Glied kommt man auf etwas 1,5dB weniger im Mittelton. Hochton wurde angepasst. Die Nahfeldmessung am Chassis gibt einen Eindruck von der Grundtonbalance - ziemlich flachgebügelt, ist fürs erste okay:
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Dann horizontales Verhalten unter Winkel (0..45°):
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Hinweis: Der Hochton wurde nach der Messung noch wieder 2 dB angehoben. Ja, das Gezappel durch den versenkten Einbau ist recht ausgeprägt. Hören lässt sich damit trotzdem schon ganz gut. Ist auch nicht so überraschend - Abhörwinkel ist 30° (violett) und die gemittelte Kurve sieht man hier (ab 4kHz 2 dB hinzudenken):
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Soweit sind noch keine akustischen Messungen in den Frequenzweichenentwurf hineingewandert. Als nächstes steht jetzt das Diffraktionsmanagment an. Ordentlich akustische Messungen kommen dann.
Musik hören macht Spass soweit: Tief abgstimmte Bassdrums klingen ziemlich erbärmlich, ansonsten... schon okay.;):dance::yahoo:

EMP
22.06.2018, 19:27
Rein von der Optik her schon mal sehr interessant. Die Kombo hat was.

mtthsmyr
22.06.2018, 22:09
Definitiv!

Stichwort Optik, die Schallwände sind aus Siebdruckplatte.

+ ... also Multiplex mit Beschichtung. Hält auch Schrauben.
+ im Baumarktzunschnitt verfügbar.
+ Einfache Alternative um eine schön dunkle Schallwand zu erhalten.
+ Läßt sich sehr sauber fräsen. Reißt praktisch nicht aus.
+/- Beschichtung bekommt bei der Bearbeitung schnell feine Kratzer. Davon abgesehen aber recht robust.

mtthsmyr
24.06.2018, 17:37
Heute der erste Versuch mit Ökolit:
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0..45° horizontal:
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gemittelt:
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Hörplatz (~15°)
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nochmal im direkten Vergleich:
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Der TMT verhält sich unbehandelt etwas besser, das Ergebnis beim Hochtöner ist klar besser. Reicht mir erst einmal.

Don Key
24.06.2018, 18:05
Hi Matthias,
bei dieser Deiner Ökolit-Maßnahme liegt der Vorteil imho weniger im Material als im Umstand, die tieferliegende Front zw. Töner und Seitenwand aufzufüllen und damit die Front für den HT bündig zu machen. Mit z.B. Holz statt Ökolit hättest Du wohl ähnliche bis gleiche Ergebnisse. Aber anyway - sieht doch klasse aus ! :prost:

mtthsmyr
24.06.2018, 18:47
Hallo Matthias,

... vor allem auf die Applikation des Malerkrepps bin ich total stolz. Jetzt noch ein schickes Hochglanzfinish drüber... :D

Ich habe auch den Eindruck, unsere Erfahrungen mit den Materialen decken sich einigermaßen. Aber die Vermutung, man könnte auch Holz nehmen? Ja und nein. Wenn man die Position geschickt wählt, könnte das schon ganz gut funktionieren. Ich denke das Ökolit hat den Vorteil, dass es dicht genug ist, so dass der Hochtöner die relevanten Kanten nicht "sieht", aber offen genug, so dass keine neue Störstelle entsteht. Bei letzterem Punkt wäre Holz schlechter. Und ich vermute, gegenüber einem echten Wollfilz ist das Ökolit weniger absorbierend und etwas reflektierender.

Ich denke, wenn man den direkten Vergleich mit Pappelsperrholz oder HDF machen würde, würde das Ergebnis etwas zappeliger ausfallen. Müsste man mal ausprobieren.

VG, Matthias

Don Key
24.06.2018, 19:00
... vor allem auf die Applikation des Malerkrepps bin ich total stolz. Jetzt noch ein schickes Hochglanzfinish drüber... :D


Malerkrepp hätt'ste nicht verraten sollen, hatte die "Applikationen" ursprünglich für den "letzten Schrei" der mtthsmyrschen Designerschmiede gehalten, seiner Zeit, was die "haute couture" des Boxenbaus angeht, immer einen Dreh voraus. :D

mtthsmyr
24.06.2018, 19:13
Lenk nicht ab, Kollege! :p:prost:

Im Übrigen - der Hauptgrund, warum ich die Faserplatten so großzügig zuschneide: damit sie nicht schon während des Zuschnitts auseinanderbrechen. :o

Aber so langsam habe ich den "Dreh" raus. Bei der anderen Box werde ich nochmal eine zweite, etwas sparsamere Variante testen.

Don Key
24.06.2018, 19:30
Nimm doch spaßeshalber einmal eine Platte des Ökolit vor den Mund und puste 'mal rein / durch. Ich fürchte, das Zeugs wird zum allergrößten Teil reflektieren anstatt zu absorbieren.

hoschibill
24.06.2018, 20:13
Moinsen :)
Das Zeug sieht irgendwie aus wie die Trittschalldämmung, die ich unter meinem Laminat liegen habe. Das konnte man prima mit einem Stahllineal und einem scharfen! Cuttermesser schneiden.

LG Olli

mtthsmyr
24.06.2018, 20:19
@Matthias:
Man könnte zwar behaupten, dass man da durchpusten kann, aber der Strömungswiderstand ist offensichtlich sehr hoch. Normalerweise kommt das Zeug bei mir in Prototypengehäuse zur Bedämmung/Bedämpfung zum Einsatz. Wenn man in einem schnöden MDF-Gehäuse mal den Fingerschnipptest (im Gehäuse) mit und ohne Ökolit macht, klingt das SEHR anders. Man könnte meinen da absorbiert etwas. ;)

Wichtig im vorliegenden Fall ist, dass absorbierendes Verhalten jenseits von 3kHz gegeben ist. Ausgehend vom Schnipptest würde ich vermuten, dass das der Fall ist.

@Olli:
Genau das Zeug ist das. Cuttermesser: check. Bei "scharf" hakt es gerade etwas. Mein altes Schweizer Taschenmesser hat aber freundlich ausgeholfen. :)