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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hochtöner im Waveguide, wie tief trennen?



ctrl
25.06.2018, 10:17
Hallo,

wollte mal eure Meinung zur extrem tiefen Trennung des Seas 19TAFD (http://www.seas.no/index.php?option=com_content&view=article&id=46:h0532-08-19tafdg&catid=45:seas-prestige-tweeters&Itemid=462) im Schallwand-Waveguide einholen. Die extrem tiefe Trennung widerspricht drastisch der Regel "trenne mindestens eine Oktave über der Resonanzfrequenz", aber die Messungen zeigen nichts ungewöhnlich auffälliges.

43961 43971
UPDATE: Nur der Vollständigkeit halber. Das erste Bild zeigt noch einen anderen HT, ändert aber nichts an der grundsätzlichen Anordnung.

HIer noch etwas Information für euch:
- Seas empfiehlt eine Trennung ab 4kHz. Allerdings ist die Resonanzfrequenz bei 1,7kHz durch das Ferrofluid nicht sehr ausgeprägt.

- Weichen-Simu Seas 19TAFD im Schallwand-Waveguide mit 4.Ord LR@1650Hz
Die Trennung liegt also unter der Resonanzfrequenz des Hochtöners!
43962
Die FG-Kurve entspricht fast der Normkurve für 4.Ord LR@1650Hz (schwarz), fällt zu tiefen Frequenzen etwas stärker ab. Die Phasenlage ist praktisch wie aus dem Lehrbuch, hatte bisher noch keinen HT oder HT/Waveguide der über einen so großen Bereich der Normvorgabe des Filters entsprochen hat.

Eigentlich total irre so tief zu trennen. Daher jetzt die zugehörigen Messungen.

Die Klirr-Messung bei ca. 105dB@1m des kompletten Lautsprechers mit der Trennung bei 1650Hz:
43963

Nun zwei IMD-Messungen und die Sinus-Messung bei 1kHz jeweils erst bei 85d@1m und dann bei ca. 105dB@1m

Sinus 1kHz
43964 43969

IMD-Multiton
43965 43966

IMD-TwoSinus@250Hz-8kHz
43967 43968

Beim abhören des LS ist nichts auffälliges festzustellen.

Was spricht, beim betrachten der Messungen, messtechnisch gegen die Trennung bei 1650Hz?
Was spricht sonst noch gegen die Trennung bei 1650Hz und wie kann ich dies durch Messung verifizieren?

Gruß Armin

holly65_MKII
25.06.2018, 13:11
Moin Armin,

Du trennst Ja praktisch bei Fs......passiv oder aktiv?
Bei passiver Trennung könnte sich, bei erwärmtem Ferrofluid, die Impedanz bei Fs verändern
und die Weiche auf die veränderte Impedanz anders reagieren.
Ob das bei aktiver Trennung Einfluss hat weiß ich nicht.

Ich könnte mir auch vorstellen das die Kalotte bei hohen Pegeln, abseits der Messwerte, "angestrengt" klingen kann.
Ähnliche Beschreibungen (zu) tief getrennter Kalotten habe ich desöfteren schon gelesen.....:)

LG

Karsten

newmir
25.06.2018, 14:14
Unter anderem stellt sich die Frage nach dem Wirkungsbereich des Waveguide. So rein optisch würde ich mal vermuten wirkt der Waveguide ab 2000 Hz. Nur dadrüber hast Du eine sinnvolle Bündelung´durch den Waveguide. Bei tieferen Frequenzen sollte dann ein Lautsprecher mit größerem Durchmesser einsetzen, der dann schon ohne Waveguide bei diesen Frequenzen bündelt. So bekommst Du in der Kombination ein ausgeglichenes Abstrahlverhalten. Gehst Du mit der Trennfrequenz weiter runter wirkt der WG nicht mehr und Du hast einen Bereich, der deutlich weniger bündelt. Wenn der WG nicht mehr wirkt, müsstest Du eigentlich auch einen deutlichen Pegelabfall bekommen. Vielleicht wird das durch einen Pegelanstieg in der Nähe der Reso kompensiert.

Bis jetzt habe ich bei jedem HT nach einer normalen Klirrfaktormessungen davon Abstand genommen den in der Nähe der Reso einzusetzen. Bei Deiner Messung der "ganzen" Box "mittelst" Du den Klirrfaktor des HT mit dem TT. Vermutlich ist der HT alleine im Bereich der Reso schon deutlich schlechter.. Ich würde lieber nur die Messungen des HT sehen. Am besten mit und ohne WG. Dann kann man mehr dazu sagen.

Irgendwas kann ich auch nicht so recht glauben an Deiner Messung. 105db in der Nähe der Reso ..... das Ding müsste doch schon fast durchbrennen .......

holly65_MKII
25.06.2018, 15:39
Hi,


Unter anderem stellt sich die Frage nach dem Wirkungsbereich des Waveguide. So rein optisch würde ich mal vermuten wirkt der Waveguide ab 2000 Hz. Nur dadrüber hast Du eine sinnvolle Bündelung´durch den Waveguide.

Irgendwas kann ich auch nicht so recht glauben an Deiner Messung. 105db in der Nähe der Reso ..... das Ding müsste doch schon fast durchbrennen .......
Wenn das WG annähernd die Größe hat /so lädt wie ein P-Audio PCT300 ist das problemlos so tief einsetzbar:
https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?11471-Holly-s-Fiftyth&p=163892&viewfull=1#post163892

Außerdem kommt es imho darauf an wie stark das WG lädt - das ist Ja eine "mechanische" Schalldruckverstärkung die per Weiche linearisiert wird.....
https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?11471-Holly-s-Fiftyth&p=164093&viewfull=1#post164093
(https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?11471-Holly-s-Fiftyth&p=164093&viewfull=1#post164093)
Edith meint: 105dB bei FS ist schon heftig - kommt imho auch darauf an wie steil elektrisch getrennt wurde. :)

LG

Karsten

ctrl
25.06.2018, 15:50
Hallo,


Du trennst Ja praktisch bei Fs......passiv oder aktiv?
Bei passiver Trennung könnte sich, bei erwärmtem Ferrofluid, die Impedanz bei Fs verändern
Trennung erfolgt passiv. Die Folgen durch das erwärmten Ferrofluid ist die Hauptkritik an Hochtöner mit FF. Du meinst die Änderung der Impedanz fällt um fs überproportional groß aus?
Das lässt sich messtechnisch relativ leicht verifizieren. Werde dazu eine Messung des "kalten" LS durchführen und dann für fünf Minuten Pink Noise bei 100dB durch den LS jagen. Anschließend folgt eine weitere Messung.


Ich könnte mir auch vorstellen das die Kalotte bei hohen Pegeln, abseits der Messwerte, "angestrengt" klingen kann.
Ähnliche Beschreibungen (zu) tief getrennter Kalotten habe ich desöfteren schon gelesen.....:)

Yep, das sagt man so. Ist in diesem Fall nach allem hören, bisher nicht der Fall. Es vielmehr so, dass der Seas den SB21RDC, meine ursprüngliche Wahl für das Waveguide, klanglich verdrängt hat.
Aber vielleicht sollte ich nochmal auf den SB21RDC zurück wechseln, da ich nun ein "besseres Gefühl" für das Waveguide habe. Dann könnte ich auch noch vergleichende IMD-Messungen mit dem SB21RDC machen, der eine fs von 760Hz aufweist, damit also die alte "Bauernregel" erfüllt.


....So bekommst Du in der Kombination ein ausgeglichenes Abstrahlverhalten....
Mit dem Abstrahlverhalten gibt es keine Probleme. Das wurde vorab entsprechend simuliert. Auch wenn die Kombination großes WG mit kleinerem TMT plus Mini-WG etwas seltsam aussieht, kann es bzgl. Abstrahlung mit den besten Monitoren (bis 13kHz) locker mithalten (natürlich findet man bei Monitoren i.d.R eine weniger breite Abstrahlung):
Eine typische Weichenversion hat z.B. das folgende normierte Abstrahlverhalten mit 1/3 Glättung, 30dB:
43973


Bei Deiner Messung der "ganzen" Box "mittelst" Du den Klirrfaktor des HT mit dem TT. Vermutlich ist der HT alleine im Bereich der Reso schon deutlich schlechter.. Ich würde lieber nur die Messungen des HT sehen. Am besten mit und ohne WG. Dann kann man mehr dazu sagen.

Das ist eigentlich mitunter der Zweck der Trennung, dass die negativen Eigenschaften des einen Chassis ausgeblendet werden ;)

Mit einer Messung des HT ohne WG kann ich nicht leider aufwarten. Hier aber die Kombination Schallwand-Waveguide mit 19TAFD gemessen ohne Weiche, 30cm Schallwandabstand, mit ca. 102-111dB bezogen auf 1m Abstand:
43974
Gut zu sehen, dass die Trennung auf keinen Fall mehr tiefer gelegt werden kann.


Irgendwas kann ich auch nicht so recht glauben an Deiner Messung. 105db in der Nähe der Reso ..... das Ding müsste doch schon fast durchbrennen .......
War selbst überrascht als im Diagramm oben der Klirr und insbesondere K3 einfach nicht steigen wollte.

Gruß Armin

holly65_MKII
25.06.2018, 16:00
Du meinst die Änderung der Impedanz fällt um fs überproportional groß aus?

......ich sehe nur die Möglichkeit.....:D:prost:
Bin gespannt was Deine Messung sagt.

LG

Karsten

ctrl
25.06.2018, 17:03
Hallo,

hier die Messungen zur Auswirkung des erwärmten Ferrofluid.

Durchführung:
Messabstand 30cm, dann muss ich den LS nicht auf das Podest hieven. Es kommt hier nicht auf den absoluten FG-Verlauf an, sondern nur auf die relativen Änderungen bei Erwärmung des Ferrofluid im HT.
Im "kalten" Zustand wurde mit ca. 100dB (bezogen auf 1m Abstand) die erste Messung durchgeführt. Dann 1 Minute Pink Noise bei 100dB auf den LS gegeben und eine Messung durchgeführt, gleich danach wurde der LS für weitere 2 Minuten mit PN@100dB malträtiert und anschließend sofort ein drittes Mal gemessen.

Seitdem mein TMT bei einem ähnlichen Test mit dicken Rauchschwaden und infernalischem Gestank reagiert hat, ist etwas behutsameres Vorgehen angesagt. Denke aber dass 3 Minuten Pink Noise bei 100dB schon ganz ordentlich ist.

Vorab die zugehörige Klirrmessung bei 100dB, durchgeführt nach dem Test - alles unauffällig:
43975

... und hier das Ergebnis des Ferrofluid-Erwärumungs-Test:
43976

Es ist ganz klar ein Effekt feststellbar. Achtet aber auf die Skalierung.
Nebenbei, die Erhöhung um 1,8kHz wird hauptsächlich durch den TMT verursacht.

Die Schalldruck-Veränderung betrug im Maximum etwa 0,2dB und reicht von 1,5-3kHz.
Gut zu sehen ist auch, dass die Änderung zwischen 1 und 3 Minuten deutlich geringer ist von "kaltem" HT zu 1 Minute Belastung. Gehe davon aus, dass auch bei 5 Minuten Belastung der Schalldruck nicht mehr viel ansteigen wird und deutlich unter 0,5dB bleiben wird.

Eine Schalldruckerhöhung um 0,2-0,3dB über eine Oktave kann hörbar sein, aber ehrlich gesagt, ist das für mich kein so großes Ding.

Also das Argument gegen die tiefe Trennung wegen der Erwärmung des FF und der damit einhergehenden massiv geänderten Impedanz (und damit geänderter Schalldruckverlauf) scheint zumindest in diesem Fall nicht allzu schwerwiegend zu sein.

Gruß Armin

holly65_MKII
25.06.2018, 17:10
Eine Schalldruckerhöhung um 0,2-0,3dB über eine Oktave kann hörbar sein, aber ehrlich gesagt, ist das für mich kein so großes Ding.

Also das Argument gegen die tiefe Trennung wegen der Erwärmung des FF und der damit einhergehenden massiv geänderten Impedanz (und damit geänderter Schalldruckverlauf) scheint zumindest in diesem Fall nicht allzu schwerwiegend zu sein.
Sehe ich auch so - mMn. dürfte bei der Kiste alles im Lack sein. :prost:

LG

Karsten

ctrl
25.06.2018, 17:53
Hallo,


Sehe ich auch so - mMn. dürfte bei der Kiste alles im Lack sein. :prost:

Hab mir im Datenblatt zum Seas 19TAFD noch angeschaut unter welchen Bedingungen der Belastungstest durchgeführt wurde. Das war mit 2.Ord BW Trennung@2500Hz angegeben - Hoffe diese Angabe meint akustisch gemessene Trennung.
Hier im Vergleich zur Trennung im HT (der Verlauf einer 2.Ord BW Trennung@2500Hz ist in schwarz dargestellt):
43977
Wenn man nun bedenkt, dass das Waveguide im Bereich 1,6-3kHz ungefähr 10dB lädt, ist eine Überlastung bei noch vernünftigem Schalldruck praktisch auch ausgeschlossen.



Was mich etwas stört ist die IMD-Messung mit dem zweifachen Sinus bei 250 und 8000Hz. Das sieht bei 105dB wirklich übel aus:
43978
Leider habe ich dazu keine Vergleichsmessung eines anderen LS.
Kann jemand diese Messung bewerten?
Das meiste scheint normaler K2 und K3 der Einzelchassis zu sein. Wo findet man den IMD, um die Trennung herum wo K2 und K3 beider Chassis interferieren können? Oder interferiert K2 und K3 der Chassis über den gesamten Bereich da sie in Beziehung zueinander sind?

Gruß Armin

ctrl
25.06.2018, 18:15
Hallo,


Das meiste scheint normaler K2 und K3 der Einzelchassis zu sein. Wo findet man den IMD, um die Trennung herum wo K2 und K3 beider Chassis interferieren können? Oder interferiert K2 und K3 der Chassis über den gesamten Bereich da sie in Beziehung zueinander sind?

Habe es selbst schnell nachgelesen:


...two sine waves at 100 Hz and 800 Hz are simultaneously introduced into a nonlinear system.
The resulting signal contains distortion components which are sidebands around 800 Hz. The frequencies of the sidebands are equal to the sum and difference of the upper frequency (800 Hz) and the integer multiples of the lower frequency: 800 Hz +/-100 Hz, 800 Hz +/- 200 Hz, 800 Hz +/- 300 Hz, and so on.


Aber eine Bewertung des IMD bei der TwoSinus 105dB Messung fällt mir trotzdem schwer.

Gruß Armin

Christoph Gebhard
25.06.2018, 18:50
Hallo Armin,

ich würden den Hochtöner isoliert mit Multiton-IMD von 1000Hz bis 20kHz anregen und dann einzelnen Anregungsfrequenzen um 20 (oder 10dB) erhöhen und die einzelnen Spektren vergleichen. Bei Frequenzen, die den Hochtöner nicht stressen, sollten das gesamte Verzerrungsspektrum ähnlich stark ausgeprägt sein. Umso tiefer du die um 20dB erhöhte Frequenz wählst, desto wahrscheinlicher wird es, dass sich das ganze Verzerrungsspektrum erkennbar verschlechtert. So kannst du vielleicht den kritischen Punkt der sinnvollen unteren Einsatzfrequenz finden. Hier (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?9835-PC-Lautsprecher-mit-AMT-und-Balanced-Drive-Technologie&p=136674&viewfull=1#post136674) habe ich das einmal gemacht. Weitere Erfahrungen habe ich leider noch nicht. Aber mir erscheint der Ansatz schlüssig und praxisnah.

Gruß, Christoph