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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Schallwand und Abstrahlung im Hochton / oberen Mittelton



ctrl
22.07.2018, 16:03
Hallo,

möchte in diesem Thread mal etwas näher auf das Zusammenspiel von Schallwand und Hochtöner/Waveguide eingehen. Es gibt zum Thema Schallwand und Kantendiffraktion schon viele sehr gute Beiträge u.a. hier

http://hannover-hardcore.de/infinity_classics/!!!/
https://heissmann-acoustics.de/kantendiffraktion-sekundaerschallquellen-treiberanordnun/
https://heissmann-acoustics.de/schraege-fasen/

Würde hier gerne noch mehr beleuchten wie sehr die Schallwand die Abstrahlung beeinflusst. Dazu wird das simulierte Abstrahlverhalten von Hochtönern/Waveguide in unterschiedlichen Schallwänden verglichen.

Als erstes soll der Seas DXT und sein Verhalten in unterschiedlichen Schallwänden untersucht werden:

Der Seas DXT kommt in vielen kommerziellen LS, als auch DIY-Projekten, in zum Teil sehr unterschiedlichen Konzepten, zum Einsatz. Daher bietet es sich an, diese etwas genauer zu untersuchen.

Bei der Simulation des Seas DXT werden die Abmessungen aus Christophs (äußerst lesenswertem) Waveguide Thread (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?14139-Wir-basteln-ein-Waveguide-oder-Constant-Directivity-wie-geht-das&p=209892&viewfull=1#post209892) verwendet.

Aus diesem Thread stammt auch das simulierte normierte Abstrahlverhalten des Seas DXT in unendlicher Schallwand (welches ich hier mal schamlos rein kopiere):
44327

Das sieht verdammt gut aus. Bis etwa 5kHz wirkt das WG mit einem 120° Öffnungswinkel (bei -6dB). Das WG wurde klar auf optimale Abstrahlung in unendlicher SW hin entwickelt.

Denke es besteht kein Dissens darüber, dass solch ein Abstrahlverhalten, wenn in einem Lautsprecher realisiert, positiv zu bewerten ist.

Da der Seas DXT in sehr unterschiedlichen Konzepten eingesetzt wird, scheint dieser der ultimative Hochtöner zu sein ;) Etwas wahrscheinlicher ist allerdings, dass die Abstrahlung des HT in diesen Projekten sehr unterschiedlich ausfallen wird.

Weiß noch wie ich im Jahr 2012 mein erstes Paar DXT erstanden habe (Produktionsdatum 24/11) und erwartet habe, dass sich die auf der Herstellerseite gezeigte Abstrahlung auf meinen geplanten LS problemlos übertragen lassen wird - jung und naiv wie ich war ;-)

Anmerkungen:
- Die Simulationen enthalten durch die nicht ganz genau bekannten Abmessungen und die vereinfachte Simulation des DXT WG einen gewissen Fehlerbereich. Aber für grundsätzliche Aussagen dürften die Simulationen hinreichend sein.
- Um die Rechenzeit noch erträglich zu halten, beginnt die Zuverlässigkeit der Simulationen so ab 6kHz zu degenerieren.

DXT im 200x300mm Gehäuse ohne Fase (aufgrund des verwendeten Skripts, ist 1mm Fase notwendig)
44328

Erst die normierte horizontale Abstrahlung, dann die Frequenzgänge unter Winkel (in 10° Schritten) und dann die normierte vertikale Abstrahlung
44329 44330 44331

Das sieht mal wirklich Kacke aus, wo ist das schön gleichmäßige Abstrahlverhalten aus den Herstellerangaben und der AxiDriver Simulation geblieben?

Das sich beim Einbau in ein Gehäuse der Achsen-Frequenzgang des Hochtöner aufgrund der Kantendiffraktion stark ändert wird jedem Hobby-LS-Entwickler schnell klar, aber die Realisierung, dass sich das gesamte Abstrahlverhalten ändert, dies klanglich relevant ist und dass die Betrachtung des normierten Abstrahlverhalten darüber sehr gut Auskunft gibt, hat bei mir doch etwas länger gedauert.

Wie man es besser macht, siehe nächstes Post...

Gruß Armin

Lauscher
22.07.2018, 16:45
Ich stelle meinen Stuhl mal auf...


...sehr spannendes Thema

viele Grüße
Jens

ctrl
22.07.2018, 17:49
Hallo,

glaube die meisten werden zustimmen, dass die Abstrahlung möglichst gleichmäßig ohne plötzliche Aufweitungen in der Abstrahlung sein sollte.
Das obige Beispiel des DXT in einem Standard-2-Wege Gehäuse erfüllt diese Bedingung nicht, da genau im Präsenzbereich eine starke Aufweitung der Abstrahlung erfolgt (auch wenn ich oben des dramatischen Effektes wegen etwas auf die Ka... gehauen habe).

Ob der Öffnungswinkel des LS über einen möglichst großen Bereich auch konstant oder nur leicht einschnürend zu hohen Frequenzen sein soll (Stichwort Constant-Directivity-Verhalten) ist sicher schon nicht mehr konsensfähig. Daher Bitte ich um Nachsicht falls dies von mir hier behauptet wird, ohne ein "andere sehen dieses Verhalten als nicht erstrebenswert" anzufügen.

Wie geht es nun besser?
Rein "zufällig" entsprechen die Gehäuseabmessungen genau denen von Alexanders DXT-Mon und DXT-Mon-RLY (https://heissmann-acoustics.de/). Die DXT-Mon haben schon viele hören können, gilt allgemein als gelungener LS und wurde deshalb für die Simu ausgewählt. Also sägen wir uns eine entsprechende virtuelle Front:
44344

Da ich die genauen Abmessungen von Alexanders kommerzieller Konstruktion nicht kenne, ist die Simulation eine Annäherung an seinen LS.
Um den Effekt von unterschiedlichen Winkel bei den "schrägen Fasen" zu untersuchen hier die Simulation mit 25°, 30° und 35° Fasen. Die Fasen sind auf der Front oben 55mm und unten 5mm eingerückt um möglichst nahe an den HT heranzurücken. Als erstes, zum besseren Vergleich, nochmal die Abstrahlung der geraden Kiste von oben, dann "schräge Fasen" mit 25, 30 und 35 Grad:
44348 44347 44346 44345

Die "schrägen Fasen" verstetigen die Abstrahlung deutlich. Es gibt zwar eine Einschnürung der Abstrahlung um 3,5kHz (unter Winkel) die vorher nicht da war, aber die extreme Aufweitung im Präsenzbereich ist deutlich entschärft worden. Weiter sagen die Simulationen, dass die Varianten mit 30° und 35° etwas besser in der Abstrahlung ausfallen sollten als mit nur 25°.

Hier noch der Vergleich der simulierten Frequenzgänge einmal "gerade Kiste" versus "schräge Fase" mit 35°:
44341 44342

Eine Trennung unter 2kHz mit gleichmäßiger Abstrahlung scheint damit möglich zu sein.

Der Vergleich mit der Abstrahlung der DXT-Mon-RLY zeigt, dass die Simulation nicht vollkommen daneben liegt:

Quelle: Alexander Heissmann
44343 (https://heissmann-acoustics.de/)

Alexander trennt den DXT bei ca. 1,8 - 1,9kHz. Die Einschnürung bei 3,5kHz ist gut zu erkennen. Es scheint, dass der TMT um die Trennfrequenz schon etwas stärker bündelt als der DXT und sich daher um 2kHz eine ganz leichte Aufweitung ergibt.

Gruß Armin

ctrl
22.07.2018, 21:14
Hallo,

nicht wenige werden einwerfen wollen, "ich kann den Sch... Hype um die schrägen Fasen echt nicht mehr ab". Geht es nicht viel einfacher eine gute Abstrahlung zu erreichen?
Daher als nächstes der klassische Ansatz: Breite Schallwand mit großzügiger Fase - "früher" war doch nicht alles schlecht - oder?.

Die Front hat nun die Maße 280x300mm mit durchgehender 38mm Fase auf beiden Seiten:
44350

Vergleichen wir das Ergebnis mit der Abstrahlung der schlanken "geraden Kiste":
44353 44351
Das hat mal fast überhaupt nichts gebracht, die "problematische" Aufweitung im Präsenzbereich ist weiterhin vorhanden mit einer leichten Verstetigung der Abstrahlung, dafür würde ich die Säge aber nicht in die Hand nehmen :built:

Verbessert die Breite Front durch "Wechselwirkung" wenigstens die vertikale Abstrahlung etwas:
44354 44352
Wie zu erwarten, auch da Fehlanzeige.

Der klassische Ansatz ist in diesem Fall nicht der Richtige.

Als nächstes das Extrem auf die Spitze getrieben, die Simulation zur Grimm LS1. Da ist meine CPU aber noch einige Stunden am kochen, da mit 6600 "boundary elements" fast doppelt so viele wie bisher anstehen und Rechenzeit exponentiell zunimmt.

Gruß Armin

Alexander
22.07.2018, 22:18
Hallo Armin!

Schöner Thread ....da stell ich doch meinen Stuhl auch mal auf ;)


"ich kann den Sch... Hype um die schrägen Fasen echt nicht mehr ab":D

Er wird halt gerne auch missverstanden. Bei einem sehr breit strahlenden HT zB. könnten Diese auch kontraproduktiv sein.
Das Zusammenspiel Treiber Schallwand muss halt passen...
Speziell der Fall DXT plus schräge Fase getrennt <=2Khz zu einem 5-7" TMT funtioniert halt zB. herausragend gut...

Die DXT-MON Rly hat nebenbei eine 25° Fasen, DXT-MON 35°.
Die Unterschiede sind aber nicht dramatisch.entsprechend oben Gezeigtem

Hier mal noch DXT-MON in +-90°

44357

Zur Grimm:
Da wird der DXT ähnlich spielen wie in der DIN-Wand. Breit bis knapp 2,5kHz ohne nennenswerte Probleme in Sachen Kantendiffraktion.
Der relativ großen TMT (8") steuert da zT. gegen, durch die tiefe Trennung dies aber nur bedingt.

Soweit ... Bin gespannt auf Weiteres :)

ctrl
22.07.2018, 23:59
Hallo,


Die DXT-MON Rly hat nebenbei eine 25° Fasen, DXT-MON 35°.
Die Unterschiede sind aber nicht dramatisch.entsprechend oben Gezeigtem
Ha! Da soll einer darauf kommen, das ist mal ausgefuchst ;)
Danke für die Angaben und das Abstrahl-Sonogramm zur DXT-Mon. Bin selbst erstaunt, dass die Vorhersage der Fase-Winkel (35° etwas gleichmäßiger in der Abstrahlung als 25°) von der Realität bestätigt wird.

Was die Simulation nicht richtig zeigt, ist das Verschwinden der Einschnürung um 3,5kHz unter größeren Winkel bei der DXT-Mon und DXT-Mon-RLY. Bei der 25° und 35° Simulation schwächt sich die Einschnürung etwas ab, aber verschwindet nie ganz, da scheint sich die Realität der Simulation zu verweigern ;)

Grimm Simulation ist erst bei 55%...

Gruß Armin

Gaga
23.07.2018, 01:36
Hallo Armin,

vielen Dank für die Bearbeitung der Fragestellung und die Simus!

Ich werde die Fragestellung im Constant-Directivity-Wavaguide-Thread (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?14139-Wir-basteln-ein-Waveguide-oder-Constant-Directivity-wie-geht-das&p=239080&viewfull=1#post239080) - spezifisch für die dort im Moment benutze Schallführung - ebenfalls aufgreifen und begleiten und bin sehr neugierig, was Du hier noch anstellst...

Grüße,
Christoph

ctrl
23.07.2018, 08:03
Hallo,

so, nach nur 6h38m war die Simulation durch - fast wie ein Augenzwinkern (eines sonnensystemgroßen entzündeten Auges ) ;-)

Da Yogibär mit seinem LS1-Nachbau (http://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?t=11377) eigentlich schon alles gezeigt hat (Bei Hifi-Selbstbau gibt es dazu ein pdf von Yogibär (https://www.hifi-selbstbau.de/downloads/summary/23-downloads-%C3%B6ffentlich/325-duo-a-la-grimm) mit Winkelmessungen und Sonogramm), enthüllt die Simulation nichts Neues.

Es ist nur wieder mal erstaunlich wie gut die Simulation mit der gemessenen Realität übereinstimmt und das obwohl das der Simulation zugrunde liegende Modell ziemlich vereinfacht ist:
44375

Rein aus der Perspektive einer möglichst gleichmäßigen Abstrahlung kann man das "beginnende Unglück" auch schon gut in den Messungen der HifiTest.de erkennen, da ausnahmsweise bis 45° gemessen wurde. Habe deren Messung auf den uns interessierenden Teil zugeschnitten und die kritischen Abschnitte markiert:

Quelle: HifiTest Grimm LS1 (https://www.hifitest.de/test/bildergalerie/lautsprecher_stereo/grimm_audio-ls1_5928/9)
44376

Zwischen 2,9-2,3kHz zeigt sich eine Aufweitung und ab 1,8kHz bis unter 1kHz kommt es zu einer wirklich üblen Aufweitung in der Abstrahlung. Übel ist es, wenn der 45° FG höheren Schalldruck als der 0°-FG liefert.

Laut Hifitest erfolgt die Trennung des DXT bei 1,2kHz. Auf der Webseite von Grimm Audio findet man in den Dateien eine "room curve" des LS1, deren zufolge könnte die Trennung ein klein wenig höher liegen.

Im Vergleich dazu nun die normierte horz Abstrahlung, die horz FG (stark geglättet zur besseren Übersicht) und die vert Abstrahlung der Grimm-Like Simulation:
44377 44378 44379

Die markanten Stellen sind alle vorhanden und an der richtigen Stelle vorhergesagt. Bei Yogibärs Duo a la Grimm hat sich das horizontal so gemessen (auf die Skalierung achten!!):

Quelle: Hifiselbstbau, pdf von Yogibär (https://www.hifi-selbstbau.de/downloads/summary/23-downloads-%C3%B6ffentlich/325-duo-a-la-grimm)
44380

Nur die Abstrahlung betrachtend, ist so ein extremes Konzept sicher nicht als optimal zu bezeichnen. Vom Mittelton bis in den Präsenzbereich sehr breit strahlend, ab 3,5kHz deutlich enger abstrahlend. Eine Trennung des DXT unter 1,9kHz ist hier eigentlich keinesfalls ratsam.

Auch wenn es "viele nervt", die letzten beiden Beispiele zeigen deutlich, dass die "schrägen Fasen" am richtigen Projekt eingesetzt, eine echte Verbesserung der Abstrahlung erreichen und viel mehr als ein vorübergehender Trend sein sollten.

Gruß Armin

ctrl
24.07.2018, 08:17
Hallo,

nun soll nochmal ein Beispiel mit verrundeten Kanten betrachtet werden. Diesmal aber klassischer mit der Rundung möglichst nahe am HT.

Daher soll das Abstrahlverhalten des Seas DXT in der KII Audio Three betrachtet werden. Was ich im Netz an Angaben finden konnte erfolgt die Trennung des DXT wohl um 2kHz.

In meiner Simu hätte der DXT wahrscheinlich noch 5mm nach oben gehört, ansonsten sollte das Gehäuse stimmen - abgesehen von der vereinfachten Darstellung der Rundung:
44394

Habe das ABEC-Skript noch etwas angepasst, so dass sich die Höhe der "virtuellen Abhörposition" leichter einstellen lässt. Sollte hier in etwa zwischen HT und MT liegen.

Isobaren/Sonogramm-Diagramme der KII sind natürlich nicht auffindbar, aber der Hersteller stellt den Test der Audio zum Download bereit (http://kiiaudio.com/media/GENERAL/docs/reviews/audio0915kiithreewebdeutsch.pdf) und dort sind Winkelmessungen bis 90° abgebildet.

Die Simulationsergebnisse in der bekannten Reihenfolge, normierte horz Abstrahlung, die horz FG (stark geglättet zur besseren Übersicht) und die vert Abstrahlung:
44395 44396 44398

Das sieht nicht nicht schlecht aus. Mit einem klassischen Ansatz klappt es auch. Sehr breite horz und vert Abstrahlung mit sehr früh einsetzender, aber gleichmäßiger Bündelung.

Wenn man es mit den Messungen in der Audio vergleicht, stimmen die wichtigen Stellen überein:
Der 60°-FG knickt bei ca. 4kHz ab, der 90°-FG nochmal früher. Ansonsten gleichmäßige Bündelung. Nur die leichte Aufweitung um 3kHz kann ich in den Messungen in der Audio nicht erkennen.

Die Trennung bei 2kHz oder tiefer ist (rein auf die Abstrahlung bezogen) problemlos möglich. Nur sollte der FG dann im Bereich 2-4kHz auf Achse vielleicht etwas abgesenkt werden um die zusätzliche Energie durch die horz und vert Aufweitungen in diesem Bereich zu kompensieren.
Das Konzept geht jedenfalls (bezogen auf die Abstrahlung) auf.

Gruß Armin

ctrl
24.07.2018, 18:57
Hallo,

jetzt könnte man, um sich Arbeit zu sparen, auf die Idee kommen das Kii-Gehäuse einfach mit Fasen statt mit einer aufwendigen Rundung zu bauen.

Daher hier eine Simulation zum Kii-Gehäuse 35° Fasen mit 47mm bis zum Rand des DXT. Das ging zwar in Post#4 schief, aber da waren die Fasen nicht bis zum HT gezogen und hatten 45°.
44399

Zum Vergleich immer erst das Kii-Like Gehäuse mit Rundung, dann die einfache Version mit großer Fase:

normierte horz Abstrahlung
44403 44400

geglättete FG 0-90°
44404 44401

normierte vert Abstrahlung
44405 44402

Im Bereich um 6 kHz scheint etwas problematisch zu sein, aber ansonsten ist die Abstrahlung nicht so schlecht - vertikal, mit Einschränkung, sogar fast etwas besser.

Gruß Armin

Chlang
25.07.2018, 23:31
Super Thema,

Danke! Beschäftige mich gerade auch damit, allerdings Oldschool, indem ich gerade an den Kanten meiner neuen Kiste rumrasple :built: (naja, es ist der Bandschleifer...).

Schön, dass ich hier Anregungen bekomme!

Grüße
Chlang

ctrl
26.07.2018, 01:42
Hallo,


Schön, dass ich hier Anregungen bekomme!
hoffe der nächste Teil regt dich weiter an ;)

Die "schrägen Fasen" liefern, richtig eingesetzt, tolle Ergebnisse. Also geht es noch einmal zurück zum Gehäuse des DXT-Mon, da entsprechend klein und somit weniger Rechenzeit benötigt...
44417

Die nächste Frage wäre, geht es noch besser? Was in Konstruktionen der letzten Jahre häufig gemacht wurde, ist eine weitere Fase über dem Hochtöner anzubringen.
Also schieben wir den DXT auf der Schallwand aus Post#3 etwas nach unten und bringen oben eine Fase mit 35° an. Die "schräge Fasen" haben ebenfalls 35° und reichen alle bis zum DXT. Das sieht dann so aus:
44418

Habe die Position des "virtuellen Mic", statt etwa 20mm nach unten zu schieben, gleich gelassen. Kann gegebenenfalls die Simu mit geänderter "Abhörposition" wiederholen.
Der Rechenknecht arbeitet noch, später mehr...

Gruß Armin

ctrl
26.07.2018, 08:33
Hallo,

wie oben angekündigt die Simulation einer 200x300mm Front mit schrägen Fasen 55mm auf 5mm mit 35° und einer 35° "on top", wie sie in den letzten Jahren bei vielen Konstruktionen zum Einsatz kam.
44424

Der Vergleich erfolgt gegen die Version ohne obere Fase aus Post#3, bei der die anderen Werte identisch sind (außer der um 20mm tieferen "Abhörposition" gegenüber dem HT)
44422

Erst die Simulationsergebnisse der Schallwand ohne obere Fase, dann mit.

horz. normierte Abstrahlung
44423 44419

horz. FG normiert auf Achse
44425 44420

vert. normierte Abstrahlung (vert Abstrahlung ohne obere Fase ist von der Version mit 30° statt 35°, vergessen Bild abzuspeichern)
44426 44421

Denke man kann behaupten, dass die Abstrahlung durch die obere Fase weder horz, noch vert verbessert wurde. In diesen Fall bewirkt eine obere Fase eine kleine Verschlechterung der Abstrahlung. Viel hilft hier nicht viel ;)

Gruß Armin

ctrl
26.07.2018, 09:20
... es gibt noch etwas mehr.

Ein einfach strukturierter Verstand (schließe mich ausdrücklich ein), könnte jetzt auf die Idee kommen, das beste aus den bisherigen Simulationen einfach zu kombinieren und aus "schräge Fase" plus "Rundung bis an den HT" die "ultimative" Schallwand zu bilden:
44427
Die abgebildete Version besitzt einen 40° Winkel bei der Verrundung, die 35° Version war weniger gut in der Abstrahlung (und wurde verworfen).

Der Vergleich erfolgt wieder gegen die Version aus Post#3 mit schräger Fase. Erst die Simulationsergebnisse der Schallwand mit schräger Fase, dann mit 40° "Verrundung".

horz. normierte Abstrahlung
44430 44428

horz. FG normiert auf Achse
44431 44429

Hmm, bin mir nicht sicher ob dies "besser" ist, da die verrundete Schallwand genau im Bereich 2,5-4kHz besonders breit abstrahlt und dort zwei kleine Aufweitungen besitzt.

Könnte mir vorstellen, dass wenn auf möglichst linearen Achsenfrequenzgang abgestimmt (siehe "horz. FG normiert auf Achse") die Version mit schrägen Fasen weniger anstrengend klingt.
Andererseits ist die Version mit Verrundung über den betrachteten Bereich gleichmäßiger abstrahlend.

Wenn wir uns die normierte horizontale Abstrahlung mit einer Auflösung von 1dB anschauen, wird das Dilemma offensichtlicher:
44432 44433
Der Abstrahl-Junkie mag keine Aufweitungen in der Abstrahlung und hier muss er einen Tod sterben, entweder eine größere Aufweitung um 2kHz (bei 4,5kHz geht es wieder auf "Bezugsniveau") oder zwei kleinere (bezogen auf die insgesamt breite Abstrahlung) um 2,7 und 4 kHz.
Bin nicht komplett überzeugt, aber schlecht ist die Schallwand mit abgerundeten schrägen Fasen sicher nicht.

Gruß Armin

fosti
27.07.2018, 08:23
Mit ohne Raspel ist das eine schöne Lösung: https://www.holz-in-form.de/leistungen/holzhalb-und-holzviertelschalen/

Olaf_HH
27.07.2018, 09:45
@Fosti, uiiiii, heftiger Preis.
Baumarkt HT Rohre dürften auch gehen, sind nur aufwändiger zu bearbeiten und sind unschlagbar günstig

ctrl
27.07.2018, 14:21
Hallo,

passend zu Christophs Link (Dank, ist abgespeichert), hab ich ganz zufällig ein paar Simulationen auf der Festplatte liegen. Die Simus treffen die Radien der Viertelschalen (aus dem Link) nicht ganz, aber um sich einer Tendenz klar zu werden reicht es.

Als erstes ein 200x300mm Gehäuse mit 45mm Verrundung:
44445

1. Horizontal normierte Abstrahlung
2. Horizontal normierte Abstrahlung 1dB Auflösung
3. Horizontal normierte FG (10 deg Schritte)
44446 44447 44448

Ist keine Überraschung, da die Rundung praktisch der Kii aus Post#9 entspricht. Eventuell auf Achse mit schwacher Senke um 2,5-5kHz und leicht abfallender FG-Kurve.

Als zweites ein 240x300mm Gehäuse mit 67mm Verrundung:
44449

1. Horizontal normierte Abstrahlung
2. Horizontal normierte Abstrahlung 1dB Auflösung
3. Horizontal normierte FG (10 deg Schritte)
44450 44451 44452

Hier verstetigt sich die Abstrahlung nochmal. Das sieht schon ziemlich perfekt aus. Da kann der DXT praktisch beliebig tief getrennt werden. Damit der Klang nicht "zu hell" wird, vielleicht auch hier mit ganz leicht fallender FG-Kurve auf Achse.

Gruß Armin

Alexander
27.07.2018, 15:58
Hi
Der Haken bei den zuletzt gezeigten Varianten ist halt die sehr limitierte Größe des MT/TMT.
Da muss man dann eigentlich schon einen 3. Weg einplanen.
Ansonsten "JA" ...
gebe dem HT wenig Schallwand um die Richtwirkung nach unten hin zu verstetigen, so das Bündelungsmaß im Bereich einer sinnvollen Trennfrequenz dann noch zum MT/TMT passt, und sorge dafür daß Kantendiffraktion kein Problem macht :D

Weiter machen!

Sepp
27.07.2018, 16:07
Mit ohne Raspel ist das eine schöne Lösung: https://www.holz-in-form.de/leistungen/holzhalb-und-holzviertelschalen/

nur schade das die nur noch an "Gewerbliche" liefern ... :(

ctrl
27.07.2018, 21:08
Hallo,

um bei meinem Schallwand-Waveguide Projekt weiter voranzukommen hier kurz ähnliche Betrachtungen zu verschiedenen Rundungen wie beim DXT.

Aktuell ist der 170mm Waveguide in einer 250mm Front mit 30mm Rundung in einem 1650mm Standlautsprecher integriert.
Die realen Messungen des Lautsprechers sehen wie folgt aus:
Normierte horz Abstrahlung mit 1/12 Glättung einmal in den üblichen 3dB Abstufungen und danach mit 1dB Abstufung:
44457 44458

Dazu nun die Simulation des Waveguide in der 250mm SW mit 30mm Rundung:
44459
Wie immer mit
1. Horizontal normierte Abstrahlung
2. Horizontal normierte Abstrahlung 1dB Auflösung
3. Horizontal normierte FG (10 deg Schritte)
44460 44461 44462

In der 1dB Darstellung des gemessenen Abstrahsonogramm oder der Simulation, kann man den problematischen Bereich gut erkennen. Bei Winkel bis 40° liefert der Bereich von 2-6kHz etwas zuviel Schallenergie.
D.h. gerade im Direktschall und den ersten Reflexionen ist dieser Bereich überrepräsentiert. Unter größeren Winkeln geht die Aufweitung zurück, kann aber das zuviel an Schallenergie im Bereich von 2-6kHz nicht ausgleichen.

Ziel für mein neues Projekt mit abgetrenntem Bass-Abteil und MT-HT-Top ist es diesen "Makel" zu beseitigen.

Dazu die Simulationen von zwei Schallwänden mit 280mm und 300mm Breite mit 50mm und 60mm Rundungen.
Reihenfolge der Messungen wie gehabt:
1. Horizontal normierte Abstrahlung
2. Horizontal normierte Abstrahlung 1dB Auflösung
3. Horizontal normierte FG (10 deg Schritte)
44463 44464 44465

44466 44467 44468

Es scheint, dass man es mit der Schallwandbreite auch übertreiben kann. Bei der 300mm SW ist der Bereich über 4kHz unruhiger als mit 280mm. Daher wird es wohl die 280mm SW mit 50mm Verrundung werden. Der problematische Bereich ist dort auch schon deutlich entschärft.


Gruß Armin

ctrl
28.07.2018, 17:34
Hallo,


Der Haken bei den zuletzt gezeigten Varianten ist halt die sehr limitierte Größe des MT/TMT.
Da muss man dann eigentlich schon einen 3. Weg einplanen.

Sollte es für einen "truncated frame" in 6.5'' (Peerless) oder sogar 7'' (Wavecore) nicht reichen, wenn man etwas tiefer fräst, so dass der Korb seitlich dicht ist oder sogar plan versenkt und oben und unten am Korn entsprechend verrundet? Könnte optisch sehr interessant bis bäh aussehen. Wird doch von einigen kommerziellen Produkten so gehandhabt.

Bei meinem Projekt mit 170mm Waveguide in 280mm Schallwand mit 50mm Rundung ist eventuell ein 8'' MT vorgesehen, da würde ich das ebenso machen (runder Korb entsprechend tief gefräst).

Gruß Armin

ctrl
16.08.2018, 11:31
Hallo zusammen,

möchte die Simulationen um den DXT noch etwas erweitern. User BDE hat via PN gefragt, ob Potential zu heben wäre, indem man den Seas-DXT um ein Schallwand-Waveguide (mehr Simus zu Schallwand-Waveguides hier (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?16835-Kurzes-simples-WG-in-Schallwandst%E4rke-wie-sinnvoll)) erweitert - sozusagen ein WG im WG.

Da die letzte Stufe des DXT Waveguide bis an den Rand des Hochtöners reicht, nimmt die Simulation an, dass der HT bündig in der Schallwand sitzt und das Schallwand-WG direkt dort anschließt.

Um die Auswirkungen besser beurteilen/vergleichen zu können wurde wieder das Gehäuse mit der 200x300mm Front verwendet. Ein 6'' TMT würde weiterhin unter den HT passen. Die Abhörposition ist ungefähr mittig zwischen HT und TMT.

Das Schallwand-WG weist eine Stufe von 104mm (Außendurchmesser SeasDXT) auf 135mm auf und erhöht die WG-Fläche von 85 auf 143cm².
Es wurde folgende Fälle für eine Stufe in der Schallwand mit 135mm Durchmesser untersucht:
1. eine Stufe von 2.2mm Höhe auf 135mm - Fortführung der letzten Stufe des Seas-DXT
2. eine Stufe von 4mm Höhe auf 135mm
3. eine Stufe von 6mm Höhe auf 135mm

Da man in der Skizze kaum einen Unterschied wahrnimmt, hier nur die Skizze mit der 6mm Stufe auf 135mm Durchmesser im Vergleich zum DXT-Mon Gehäuse - die Fasen wurden entsprechend angepasst:
44781 44782

Der besser Vergleichbarkeit zuliebe stellen wir den Seas-DXT im DXT-Mon-Gehäuse (siehe Post#3 u. folgende) dem Schallwand-WG-DXT mit 2.2, 4 und 6mm Stufe auf 135mm gegenüber.
(Zur Reduzierung der Rechenzeit wurde die Simu auf 6kHz obere Grenze reduziert)

Normierte horz Abstrahlung
44783 44784 44785 44786

Normierte horz Abstrahlung im Detail mit 1dB Schritten
44787 44788 44789 44790

Normierte horz FG
44791 44792 44793 44794

horz FG
44795 44796 44797 44798

Der Ansatz mit der DXT-WG-Vergrößerung scheint durchaus erfolgversprechend zu sein. Der Bereich von 1-3kHz wird deutlich verstetigt.

Es ist schwer zu sagen welche der unterschiedlich hohen Stufen klanglich am besten abschneiden wird. Problematisch ist bei allen der Bereich um 4,5kHz aufwärts, da es dort zu einer starken Aufweitung kommt - je höher die Stufe, desto stärker und weiter nach oben verschiebt sich die Aufweitung.

Was die "horz FG" sehr schön zeigen, ist die zusätzliche Wirkung des Schallwand-WG bis 1kHz hinab. Zwischen 1-2kHz sollten es 1-2dB, je nach Stufenhöhe, sein. Damit sollte eine Trennfrequenz des DXT mit LR4@1500Hz oder sogar darunter möglich sein.

Gruß Armin

ctrl
25.10.2018, 01:03
Hallo,

wie viel Abstand sollte der HT von der oberen Gehäusekante haben?
Ist es besser die obere Gehäusekante zu verrunden?

Hatte die Frage in Post#13 schon angesprochen gehabt (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?17605-Schallwand-und-Abstrahlung-im-Hochton-oberen-Mittelton&p=239233&viewfull=1#post239233), dort hatte die obere Verrundung die Abstrahlung eher leicht verschlechtert.

Dazu noch eine weitere Betrachtung. Ein LS mit Waveguide
1. mit etwas Abstand zur oberen Kante
2. die obere Kante verrundet
3. und den WG so nahe an der oberen Kante wie möglich.
Simuliert wird der gesamte LS inklusive TMT und Trennung um 1,8kHz. Erst die Skizze des LS, dann die horizontale normierte Abstrahlung und als letztes die normierte vertikale Abstrahlung.
46005 46006 46007
46008 46009 46010
46011 46012 46013
Die Verrundung der oberen Gehäusekante bringt gegenüber der Anordnung mit etwas Abstand zur oberen Kante wenig Verbesserung. Viel effektiver und baulich leichter zu realisieren ist den HT mit WG so nahe wie möglich an die obere Gehäusekante zu bringen.

Eine großzügige Verrundung (und höchstwahrscheinlich auch Fase) der oberen Gehäusekante mag ästhetisch gefallen, ist aber nur die zweitbeste Möglichkeit in puncto Abstrahlung.

Gruß Armin

ctrl
25.05.2019, 19:32
Hallo,

da hier im Forum immer wieder über breite Schallwände diskutiert wird und dazu sehr häufig die Grimm LS1 (http://www.grimmaudio.com/pro-products/loudspeaker/ls1/) als gelungenes Beispiel angeführt wird (denke da jetzt an niemand speziellen ;-)), dachte ich mir, es schadet nicht, sich das mal näher anzusehen.

Um Rechenzeit zu sparen ist das Modell nur 12cm tief und für die Simu steht das Modell Kopf:
49160
Da mir die genauen Maße des Seas Excel Chassis nicht bekannt sind, wurden die Maße des Dayton RS225 verwendet, das Gehäuse anhand der Herstellerangaben moduliert - sollte keine großen Abweichungen zum Original ergeben.
Da die seitlichen Säulen nicht fortgeführt werden, sollte das (vertikale) Abstrahlverhalten der Simu etwas schmeichelhafter ausfallen.

Zunächst betrachten wir den auf Achse normierten horizontalen FG:
49161
Der Bereich 200-1000Hz verläuft absolut vorbildlich und ist ein Resultat der breiten Schallwand (und Chassis-Position).

Weiter fallen zwei Bereiche sofort ins Auge. Einmal der Bereich 4-7kHz wo es unter Winkel zu einer starken Einschnürung in der Abstrahlung kommt und die extreme Aufweitung der Abstrahlung um 1.5kHz, wo sogar noch unter 45° das Schalldruck-Niveau des Achsen-FG erreicht wird.
Die breite Schallwand verschiebt die Kantendiffraktion-Effekte, welche bei "normal" breiten Schallwänden in Bereich von 2-3kHz liegen, zu tieferen Frequenzen und verbreitern den Problembereich in Kombination mit dem kleinen WG des Seas DXT noch zusätzlich - so das der Bereich von 1-3kHz horizontal nicht sehr vorteilhaft abstrahlt.
Ein Blick auf das horz normiert Sonogramm bestätigt die Beobachtungen:
49162

Daher war es von den Entwicklern pfiffig die Trennfrequenz genau in diesen Bereich zu legen (Herstellerangabe 1.55kHz Trennfrequenz), um so die Gesamtenergie der Abstrahlung in diesem Bereich, durch die vertikal starke Einschnürung um die Trennfrequenz, auszugleichen.

Schauen wir uns dazu den Directivity-Index der Grimm-LS1 an:
49163
Bis 1.2kHz einfach nur perfekt, dann wird es etwas unstetig.

Wie wirkt sich das in einem typischen Hörraum aus? Wäre schön wenn man dazu ein Vorhersage treffen könnte.

Dazu mal wieder der Verweis auf Floyd Toole's Buch "Sound Reproduction". Ein Zitat daraus:

The early reflections curve is an estimate of all single-bounce, first reflections in a typical listening room. Measurements were made of early reflection “rays” in 15 domestic listening rooms.
From these data, a formula was developed for combining selected data from the 70 measurements to develop an estimate of the first reflections arriving at the listening location in an “average” room (Devantier, 2002)
......
It is also, as will be seen, the basis for a good prediction of what is measured in rooms.
Die early reflection Kurve lässt also eine begrenzte Vorhersage für das Verhalten eines LS in einem "typischen" Hörraum zu.

Betrachten wir dazu die early reflections der Grimm LS1 wenn der Lautsprecher auf Achse normiert wird (also bei linearem FG auf Achse):
49165
Bis 1.5kHz perfekt, zwischen 1.8 - 4kHz wird meiner Erfahrung nach zu viel Schallenergie abgestrahlt. Die aktuellen empfohlenen room curves sehen in diesem Bereich keinesfalls eine Erhöhung vor, teilweise wird auch eine Senke empfohlen ("BBC-Senke"), zumal die Senke um 5-7kHz die Diskrepanz noch vergrößert.
Als Bsp. Quelle: Harman
49166

Finde das kann man auch hören. Einfach mal die Kef, Canton und Grimm im Lowbeats Klangorakel vergleichen
https://soundcloud.com/lowbeats-magazine/sets/lowbeats-sound-oracle-floor
Das Klavierstück bei 07:00 mal bei höherer Lautstärke über Kopfhörer abhören. Für mich klingt die Grimm, im Vergleich zu Kef und Canton, etwas zu aggressiv .

Gruß Armin

fosti
25.05.2019, 19:55
Hallo,

da hier im Forum immer wieder über breite Schallwände diskutiert wird und dazu sehr häufig die Grimm LS1 (http://www.grimmaudio.com/pro-products/loudspeaker/ls1/) als gelungenes Beispiel angeführt wird (denke da jetzt an niemand speziellen ;-)),...

Na da fühle ich mich doch gleich angesprochen :prost:

ctrl
25.05.2019, 21:08
Hallo,

Na da fühle ich mich doch gleich angesprochen :prost:

:engel:


Es folgt mein fiktives Standardzitat, jetzt könnte man sagen, "Wusste ich schon immer, Schallführungen sind Mist". Also versuchen wir mal die Grimm LS1 zu "pimpen" und setzen einen Hochtöner ohne Schallführung ein.

Einfach mal den Bliesma T34A-4 34mm (http://www.bliesma.de/products.html) in die Simulation eingesetzt:
49167
Alles andere bleibt unverändert.

Die normierte horizontale Abstrahlung und FG sehen wie folgt aus:
49168 49169
Gelungen sieht das auch nicht aus, sehr viel "Schallenergie" im Hochton.

Mal sehen was die early reflections über das mögliche Verhalten im Hörraum sagen:
49170
Der sprunghafte Anstieg der "Schallenergie" am Hörplatz ab 2.2kHz ist übel und kein Fortschritt. Auch eine höhere Trennung bei 2kHz (sofern der 8'' TT dies zulässt) würde da keinen großen Unterschied machen, da auf Achse ab 2kHz der Schallpegel deutlich abgesenkt werden muss um eine "optimale" Ziel-Raumkurve zu erzeugen und das geht wiederum auf Kosten des Direktschall.

Gruß Armin

Yogibär
25.05.2019, 21:15
Ich fühle mich auch angesprochen.
Sehr schöne Arbeit, die Du da erstellt hast.
Eine Anmerkung: Die Grimm LS1 hat oben keine Verrundung oder Fase, wie es bei Deinem Modell zu sehen ist.

Viele Grüße. Ich lese aufmerksam weiter mit.

Thomas

ctrl
25.05.2019, 21:55
Eine Anmerkung: Die Grimm LS1 hat oben keine Verrundung oder Fase, wie es bei Deinem Modell zu sehen ist.
Die Simu steht auf dem Kopf, die Verrundung ist unten zwischen den Säulen - oder hab ich das Herstellerbild falsch interpretiert?



... und weil es draußen regnet, noch das andere Extrem: Grimm LS1 gepimpt mit einem größeren Waveguide als im Original.
Mit 170mm ist das flache WG optisch noch nicht dominant:
49175


Wie in den obigen Simulationen normierter horz. FG, Abstrahlung und das mögliche Verhalten im typischen Hörraum:
49177 49176 49178
Horizontal ist um 1.5kHz weiterhin eine Aufweitung vorhanden, aber durch die Trennung bei 1.5kHz "verschmelzen" horz und vert Abstrahlung zu einer fast perfekt verlaufenden Raumkurve ohne jegliche Betonung des Präsenzbereich.

Ob dies wirklich besser als das Original klingt, lässt sich nicht voraussagen - nur vermuten (in beide Richtungen) ;)


Gruß Armin

Yogibär
26.05.2019, 09:14
Hallo Arnim,

du hast natürlich Recht. Der LS steht ja auf dem Kopf, das habe ich übersehen.
Eine wirklich interessante Erkenntnis, die es sich lohnt auszuprobieren.

Ungewollterweise habe ich ähnliches vor einiger Zeit bei meiner Duo Drop machen müssen. Da ich alle Einfräsungen mit ddem Maß von 145 mm des SEAS W16XN001 ausgeführt hatte, mußte ich zusätzliches Waveguide aus MDF mit der Dicke aussen von 5 mm fräsen.
Im Detail habe ich den LS allerdings nicht vermessen.
Hier 2 Fotos:

Einen schönen Sonntag

ctrl
26.05.2019, 13:14
Hallo,


du hast natürlich Recht. Der LS steht ja auf dem Kopf, das habe ich übersehen.
Eine wirklich interessante Erkenntnis, die es sich lohnt auszuprobieren.

Die vertikale Abstrahlung ist laut Simulation asymmetrisch (virtuelle Abhör-Höhe siehe z-Achse in Skizze von Post#24). Vermute aber, dass die Entwickler schon die optimale Anordnung ausgewählt haben.
49185
Die Abstrahlung nach oben ist im Sonogramm der untere Teil. Also (da die Simu zum Original um 180° gedreht ist) zeigt das Sonogramm die vertikale Abstrahlung der Grimm LS1 in "echt" - der untere Teil zeigt die Abstrahlung gegen Boden, der obere gegen Decke.

Die üble Aufweitung der vertikalen Abstrahlung um 2.7kHz strahlt also gegen den Fußboden, der in der Regel besser dämpft als die Decke. Somit ist die Original-Anordnung wohl schon optimal.


Ungewollterweise habe ich ähnliches vor einiger Zeit bei meiner Duo Drop machen müssen. Da ich alle Einfräsungen mit ddem Maß von 145 mm des SEAS W16XN001 ausgeführt hatte, mußte ich zusätzliches Waveguide aus MDF mit der Dicke aussen von 5 mm fräsen.
Im Detail habe ich den LS allerdings nicht vermessen.
Wenn der Winkel gleich oder geringer ist als der im letzten Step des DXT kann dies durchaus von Vorteil sein.

Habe etwas ähnliches im AB-Wave Thread simuliert (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?17431-Die-AB-Wave&p=241834&viewfull=1#post241834) #124 und #127 - versenkter Einbau des Bliesma Hochtöner.
Ein paar Simulationen zum Seas DXT habe ich auch mal begonnen und versucht einen weiteren Step anzufügen (versenkter Einbau des DXT). Richtig weiterverfolgt habe ich die Sache allerdings nicht.

Gruß Armin

ctrl
28.05.2019, 21:35
Hallo,

im Forum wurde vor kurzem mal angefragt wie sich der Seas DXT denn mit einem 8-Zoll Tieftöner in einem möglichst kompakten Gehäuse machen würde.

Möchte dazu im folgenden ein paar Simulationen zeigen. Die äußeren Maße des Tieftöneres entsprechen dem des Dayton RS-225 und als TSP kommen die des Seas Excel W22EX001 nach HH 2007-02 zur Anwendung (wie oben bei den Grimm LS1 Simulationen).

Das Gehäuse hat die Maße B 233mm, H 350mm, T 120mm (geringe tiefe um Rechenzeit zu sparen).

Die Trennfrequenz liegt, wenn nicht anders ausgewiesen, bei theoretischen 2.3kHz mit LR 4. Ordnung. Allerdings liefert die Simulation eine Trennfrequenz eher nahe bei 1.8kHz (Phasenlage optimiert um Trennfrequenz), was für einen 8-Zoll TT sicher realistisch ist.

Hier beispielhaft ein normierter Achsenfrequenzgang mit Einzelchassis-Kurven mit LR4@2.3kHz und optimiertem Phasenverhalten um die Trennfrequenz.
49198
Die Filterflanken sind nicht optimiert, was aber meiner Erfahrung nach, keinen allzu großen Einfluss auf die Aussagekraft der Simulationen hat.

UPDATE: Bitte beachten, dass immer auf Achse normierte FG betrachtet werden. Die Kantendiffraktion sorgt i.d.R. für einen Einbruch auf Achse. Wird dieser Einbruch nicht linearisiert, wird in diesem Bereich Schallenergie "entzogen" - das bei den Betrachtungen im Hinterkopf behalten.


Beginnen wir mit der Simulation eines schlichten "Schuhkarton"-Gehäuses mit einer kleinen 5mm Fase fürs gute Gewissen:
49197


Stellvertretend für alle folgenden Simulationen hier das normierte vertikale Abstrahlverhalten/Sonogramm. Das wird sich bei den folgenden Simulationen nicht dramatisch ändern und wird daher i.d.R. nicht gezeigt.
49199
Keine große Überraschung. Der untere Teil zeigt die Abstrahlung nach oben.


Das normierte horz. Sonogramm und Frequenzgänge:
49200 49201
Zeigt das typische Verhalten eines Lautsprechers mit "Standardabmessungen". Genau im Bereich der größten Empfindlichkeit unseres Gehörs (2-4kHz) zeigt der LS eine starke Aufweitung in der Abstrahlung und liefert damit im Raum zu viel Schallenergie in diesem Bereich.
Das zeigt sich im Sonogramm, ist aber auch sehr im FG-Diagramm zu sehen - die 30° Schalldruckkurve liefert im Bereich um 3kHz mehr Schalldruck als auf Achse.
Das kleine Waveguide des DXT kann daran nichts ändern, da es nicht tief genug lädt.

Betrachten wir die "early reflections" als Annäherung für die Raumkurve in einem "typischen" Hörraum.
49202
Auch hier gut zu erkennen, dass im Bereich 2.3 - 3.5kHz zu viel Schallenergie in den Raum abgegeben wird. Das Problem wird noch etwas verschärft, da um die Trennfrequenz herum (ca. 1.8kHz), bedingt durch die Auslöschungen in der vertikalen Achse, eine Senke in der Schallenergie-Abgabe entsteht und so ein sprunghafter Anstieg der Schallenergie von 1.8 nach 2.5kHz entsteht.

Wie oben bei der Grimm-LS1 gezeigt, kann durch geschickte Wahl der Trennfrequenz, die Schallenergieabgabe in der Raum "gesteuert" werden. Allerdings müssten wir in diesem Fall den 8-Zoll TT bei 2.8kHz trennen um die Schallenergieabgabe im kritischen Bereich zu reduzieren.

Hier würde nur eine "ordentliche BBC-Senke" auf Achse helfen den Hörer,bei größerer Abhörlautstärke, vor "Ohrenbluten" zu bewahren. Sehr wahrscheinlich würde dieser LS bei Abstimmung auf einen linearen FG schnell aggressiv klingen.

Das zeigt auch nochmal warum Zwei-Wege-LS mit Standardgehäuse und 4-6-Zoll Tieftöner mit einer Trennfrequenz von 2.3 - 2.8kHz so gut funktionieren - die Auslöschungen in der vertikalen Achse "entziehen" Schallenergie im Präsenzbereich.

Gruß Armin

fosti
28.05.2019, 21:51
Kam ganz gut an: https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?14468-Al-Mg-Alliance&p=206379&viewfull=1#post206379

Die ViMo und Al-Mg-Alliance spielten beide unheimlich rund und stimmig.
Wobei die Al-Mg-Alliance für mich noch ein wenig präziser und irgendwie "audiophil" war, die ViMo dafür (im besten Sinne) noch unscheinbarer. Die ViMo könnte ich mir als Standlautsprecher-Version sehr gut für mein Wohnzimmer vorstellen.

Dann hatten wir eine Alliance.
Christoph parkte seine Kombi ungefähr an gleicher Stelle wie die ViMo.
Der Bass war trockener, druckvoll und präzise.
Das Timing von diesem Lautsprecher war das Beste vom ganzen Tag . Ein positives :eek:.
Das Zusammenspiel von HT und TMT war so tight.
Grundton und Formanten passten wie Faust auf's Auge.
Der HT war nicht zu spitz und überzeichnend, hatte solche HTs leider schon zu oft böse abgestimmt gehört.
Die Dosis hat gepasst, lediglich in der Räumlichkeit waren mir zu wenig Mitten in der Mitte.
Die Kanaltrennung war sehr scharf. Positiv.
Ist halt auch konzeptbedingt, stärker bündelnd.

ctrl
28.05.2019, 22:14
Hi Christoph,


Kam ganz gut an: https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/...l=1#post206379 (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?14468-Al-Mg-Alliance&p=206379&viewfull=1#post206379)

Würde gerne einen Vergleich machen, aber ohne Messungen (zumindest der horizontalen Ebene) und jegliche Angaben zur Trennung soll der Vergleich zur Simulation wie gezogen werden?

Gruß Armin

fosti
28.05.2019, 22:19
Trennung war steil bei 2kHz mit LR4. LS ist aber wieder auseinander......es sei denn mir stellt noch mal jemand die Bändchen zum Messen zur Verfügung. War wohl etwas vorschnell, sie zu verkaufen....die Bändchen waren gut.

ctrl
28.05.2019, 22:59
@Fosti
Hatte mal für einen Freund eine alte nuBox-390 (8-Zoll TT plus Kalotte) (https://www.nubert.de/images/thumbnails/nuseum/thumb600-nuBox_390_460_1998.jpg) repariert und neu abgestimmt. Die Trennung wurde bewusst sehr hoch gelegt (ca. 2.2kHz LR4), da die Vorgabe war, dass es auch bei hoher Lautstärke noch angenehm klingen sollte. Leider sind nicht mehr viele Messungen vorhanden:
49204 49203
Man kann schön erkennen, dass die Kantendiffraktion genau im Bereich 2-3khz zuschlägt und auf Achse für eine ordentliche Senke in diesem Bereich sorgt (welche natürlich nicht ausgeglichen wurde).
Die 15°-Messung deutet an, dass auch bei größeren Winkeln der Präsenzbereich noch nicht dominant werden wird. Die Kombi hat mir wirklich gut gefallen.

Gruß Armin

fosti
28.05.2019, 23:35
Ja die bewusst höher gelegte Trennung klingt durchaus angenehm und langzeittauglich....auch MEG macht ja so etwas 5"/1" @ 2,8kHz
Manche sagen, das klingt gerade mit schmalen Schallwänden und voll ausgeglichenem Bafflestep zu dumpf....insofern muss ich nach wie vor sagen, dass mein Avatar LS mein bisher bester Nachbau war.

ctrl
29.05.2019, 00:33
...Fortsetzung
In Post#31 noch ein kleines Update eingefügt.
Vergaß zu erwähnen, das die "Abhörhöhe" in den Simulationen, wie immer, in der Skizze durch die blaue z-Achse dargestellt wird.
In allen Simus wird dafür eine Ohrhöhe etwas unter dem Hochtöner (nicht ganz mittig zwischen HT und TT), in 2m Entfernung angenommen.

Als nächstes wird das Gehäuse mit möglichst großen Fasen im Winkel von 35° versehen:
49206

Kurz der Vergleich in der vertikalen Abstrahlung im Vergleich zum "Schuhkarton"-Gehäuse (immer erstes Diagramm):
49211 49209
Eine ganz leichte Verbesserung in der vertikalen Abstrahlung.

Das normierte horz. Sonogramm und Frequenzgänge im Vergleich zum "Schuhkarton"-Gehäuse:
49212 49207
49213 49208

Wieder die "early reflections" als Annäherung für die Raumkurve in einem "typischen" Hörraum bei linearem FG-Verlauf auf Achse. Ebenfalls im Vergleich:
49214 49210

Zum Schluss noch der Vergleich der zu erwartenden Kantendiffraktion der beiden Gehäuse:
49216 49215
Am Gehäuse ohne Fasen ist die durch die Kantendiffraktion verursachte Senke breiter und leicht zu höheren Frequenzen verschoben.

Die Fasen verkleinern den "kritischen" Bereich des LS auf Werte um 2kHz und verstetigen die FG unter kleinen Winkeln. Dafür "wirkt" die Aufweitung um 2kHz fast sprunghafter als beim Gehäuse ohne Fasen und bei größeren Winkel wird der FG unruhiger.

Gruß Armin

ctrl
29.05.2019, 14:01
...Fortsetzung
Wie in Post#37 aber statt großer Fase, nun mit großzügiger Verrundung:
49217
Die Rundung hat oben einen Radius von 80mm und verjüngt sich auf 5mm.


Das normierte horz. Sonogramm und Frequenzgänge im Vergleich zum "Schuhkarton"-Gehäuse:
49221 49218
49222 49219
Das ist deutlich besser als im einfachen Gehäuse oder mit breiter Fase. Die Kantendiffraktion fällt sehr zurückhaltend aus und die FG unter Winkel verlaufen gleichmäßig.

Die Welligkeit der FG unter Winkel sollte in der Realität nicht so heftig ausfallen. In der Simu wird die Rundung durch Segmente realisiert und jedes Segment stellt für das Simu-Programm eine neue Kante dar, das dürfte der Hauptgrund für die Welligkeit sein.

Wieder die "early reflections" als Annäherung für die Raumkurve in einem "typischen" Hörraum bei linearem FG-Verlauf auf Achse. Ebenfalls im Vergleich:
49223 49220
Die Verbesserung im Präsenzbereich von 2-4kHz ist klar ersichtlich. Leider gibt es um 4.5kHz eine leichte Verschlechterung bei den early reflections (normierter Achsenfrequenzgang). Das könnte aber ebenfalls ein Diffraktions-Artefakt sein, welches auf Achse, ohne Normierung, durch eine Senke ausgeglichen wird.


Gruß Armin

ctrl
29.05.2019, 16:35
...
Die Verrundung in Post#38 scheint recht erfolgversprechend zu sein.
Was passiert, wenn das Gehäuse nicht so schmal wie möglich gewählt wird, sondern 50mm breiter sein darf?
Beide Gehäuse im Vergleich:
49228 49229
Die Höhe bleibt unverändert bei 350mm, die Breite beträgt nun 280mm.

Um die Auswirkungen vergleichen zu können zuerst die Ergebnisse aus Post#38, dann vom breiteren Gehäuse.

Das normierte horz. Sonogramm und Frequenzgänge im Vergleich:
49230 49225
49231 49226
Das breite Gehäuse hat ganz klar Vorteile. Die Abstrahlung wird insbesondere im Bereich unter 2kHz deutlich verstetigt.


Die "early reflections" als Annäherung für die Raumkurve in einem "typischen" Hörraum bei linearem FG-Verlauf auf Achse. Ebenfalls im Vergleich:
49232 49227
Auch die "vorhergesagte" Raumkurve wird deutlich gleichmäßiger durch die 50mm mehr Breite.

EMP
29.05.2019, 17:22
Sehr cool das ganze :prost:

Was mich interessieren würde: Wie stark wirkt sich eine abflachung der Fasen aus? Also alles identisch, nur flache Fasen statt runden? Und was passiert, wenn das Gehäuse nach unten erweitert wird?

ctrl
29.05.2019, 19:09
Was mich interessieren würde: Wie stark wirkt sich eine abflachung der Fasen aus? Also alles identisch, nur flache Fasen statt runden?
In Post#37 wurde der Fall Fasen mit 230mm Breite behandelt, also nun im Vergleich dazu das Gehäuse mit 280mm Breite plus Fasen und zum Schluss noch der Vergleich mit dem breiten, verrundeten Gehäuse:
49237 49233 49241


Das normierte horz. Sonogramm und Frequenzgänge im Vergleich:
49238 49234 49242
49239 49235 49243


Die "early reflections" als Annäherung für die Raumkurve in einem "typischen" Hörraum bei linearem FG-Verlauf auf Achse. Ebenfalls im Vergleich:
49240 49236 49244
Als Raumkurve wird, überraschenderweise, für das breite Gehäuse mit Fase (Mitte) der gleichmäßigste Verlauf vorhergesagt - um 3kHz ist die Schallenergie leicht angehoben, sollte man aber auf Achse problemlos korrigieren können.
Die Kantendiffraktionseffekte, welche auf Achse die Senke verursachen, liegen beim breiten Gehäuse etwas tiefer, können also die "Präsenzbetonung" um 3kHz wahrscheinlich nicht ausgleichen:
49246



Und was passiert, wenn das Gehäuse nach unten erweitert wird?
Hab die Simulation dazu gerade angeworfen. Das wird aber noch etwas dauern, da bei 200mm höherem Gehäuse deutlich mehr Elemente berechnet werden müssen.
49245

Gruß Armin

ctrl
29.05.2019, 19:20
Off-topic:
Verrundungen umsetzen stellt mich immer wieder vor Herausforderungen. Bei meinen aktuellen Projekten nutze ich entsprechend gesägte Kanalrohre.
Habe mir aber vorgenommen beim nächsten mal einen Weg wie hier im Video ab 05:50 zu versuchen um eine Rundung aus Vollholz herzustellen:
https://www.youtube.com/watch?v=kDbA9N80ioI

Gruß Armin

Slaughthammer
29.05.2019, 19:28
Off-topic:
Verrundungen umsetzen stellt mich immer wieder vor Herausforderungen. Bei meinen aktuellen Projekten nutze ich entsprechend gesägte Kanalrohre.
Habe mir aber vorgenommen beim nächsten mal einen Weg wie hier im Video ab 05:50 zu versuchen um eine Rundung aus Vollholz herzustellen:
https://www.youtube.com/watch?v=kDbA9N80ioI

Gruß Armin

Kann man so machen. Ich nehme dafür nen Bandschleifer und mache mir Radiusschablonen. Schleifen, kontrollieren, immer im Wechsel. So kommt man sehr zügig zu recht genauen Verrrundungen.

Gruß, Onno

EMP
29.05.2019, 19:29
Danke dir, hab ich übersehen :)

So im direkten Vergleich ist ja "rund" um einiges besser. Hätte ich eine CNC Fräse, würde ich dir einen Prototypen zur Verfügung stellen, aber...leider hab ich keine :D

Das in dem Video ist auf jeden Fall eine coole Technik, bin mal gespannt wie es weiter geht :)

fosti
29.05.2019, 20:28
Freunde des stetigen Abstrahlverhaltens.....ich bin da komplett bei euch. Manchmal werde ich ja hier auch als der Exorzist für das Abstrahlverhalten gehalten...alllerdings kommt es nicht auf den letzten Radius der Kiste an...die nächste Kante des Schranks kommt früher als man denkt ;)
Wie heisst es so so schön:
Strive for excellence, not perfection

wgh52
29.05.2019, 20:55
Hochgeschätzte Freunde der fortgeschrittenen Schreinerei,

meine Bewunderung ist Euch gewiß und wenn ich diesen Arbeitsaufwand und die geforderte Geschicklichkeit auf mich "abbilde" bin ich verloren - "basta" mit grosszügigen Kantenverrundungen an meinen Boxen - niente - nada...

Aber mir kam eine andere Idee: Wenn man Hörner und Wave-Guides 3D-drucken kann, müsste das doch auch für Schallwandverundungen gehen. Hat das mal jemand probiert?

Falls das hier zu weit off-topic führt, mache ich gerne ein eigenes Thema dafür auf.

ctrl
01.06.2019, 17:30
Noch die Betrachtung "Was passiert wenn die Gehäusehöhe geändert wird?".

Ausgangspunkt sind die etwas breiteren Gehäuse mit 280mm aus Post#41 (finde diese sind den extrem schmalen Gehäusen akustisch Überlegen) einmal mit der breiten Fase mit 35° und der Verrundung mit oberem Radius von 80mm. Die Höhe der Gehäuse wird von 350mm auf 550mm erhöht.
49283 49281 49284 49282


Die Reihenfolge der Diagramme ist immer wie in den Skizzen.
Das normierte horz. Sonogramm und Frequenzgänge im Vergleich:
49291 49285 49296 49288
49292 49286 49295 49289

Die "early reflections" als Annäherung für die Raumkurve in einem "typischen" Hörraum bei linearem FG-Verlauf auf Achse. Ebenfalls im Vergleich:
49293 49287 49294 49290

So, denke mal das sollte genügen um zu entscheiden wie der Seas DXT mit einem 8-Zoll Tieftöner vereint werden kann.



Wichtig: Bitte im Hinterkopf behalten, dass die Trennung zwar formal ein Filter mit LR4@2.3kHz ist, dies akustisch aber deutlich anders aussieht. So entsprechen die Beispiele mehr einem Butterworth-Filter 4. Ordnung um 1.9kHz, dessen Filterflanken um der Faktor 1.13 korrigiert wurden um einen flachen FG bei der Trennfrequenz zu ermöglichen.

Das sah bei allen Beispielen in etwa so aus:
49297
Grün und blau sind die simulierten Chassis-FG. Rot der normierte FG des LS und orange bei verpoltem Chassis.
Dazu sind dann einmal die Target-Funktionen von
- HP und LP Linkwitz-Riley 4. Ordnung@1.9kHz
- HP und LP Butterworth 4. Ordnung@1.9kHz mit korrigiertem LP auf 1.7kHz und korr HP auf 2.2kHz

Im Hochton passt es für das BU-Filter nicht ganz bei tiefen Frequenzen, aber für die Simulation und als Einordnung ist dies ausreichend. Das nur am Rande falls jemand die Resultate der Simulation in der Realität überprüfen möchte.


Gruß Armin

ctrl
01.06.2019, 18:30
... noch als Ergänzung die Betrachtung der Änderung der vertikalen Abstrahlung bei Änderung der Gehäusehöhe, erst 350mm Höhe, dann 550mm, bei den Gehäusen mit 280mm Breite und den breiten Fasen mit 35°:
49298 49299
Die Abstrahlung nach unten ist in der oberen Hälfte der Diagramme abgebildet. Zum Vergleich dazu noch mal die simulierten early reflections:
49305 49304
Schön zu erkennen, wie die größere/höhere Front im Bereich um 1kHz mehr Schallenergie an den Hörplatz abgibt.


Und um das ganze noch abzurunden, die simulierte horizontale Abstrahlung der Simulationen bis 180° in der Reihenfolge wie Post#47
49300 49301 49302 49303
Das sieht eigentlich bei allen Variationen nicht total übel aus. Recht gute Kontrolle der horz. Abstrahlung bis 800Hz (und mit etwas Toleranz beim Ablesen fast bis 400Hz ;)).

Gruß Armin

Lauscher
01.06.2019, 23:37
Kann man so machen. Ich nehme dafür nen Bandschleifer und mache mir Radiusschablonen. Schleifen, kontrollieren, immer im Wechsel. So kommt man sehr zügig zu recht genauen Verrrundungen.

Gruß, Onno

Hallo Ommo,

das mit der Schablone hört sich interessant an - wie machst Du diese ?
Magst Du mal ein Bild davon einstellen ?

viele Grüße
Jens

Slaughthammer
01.06.2019, 23:50
das mit der Schablone hört sich interessant an - wie machst Du diese ?
Kreissektoren aus Pappe unter Zuhilfenahme eines Zirkels, Geodreieck, Bleistift und Schere herzustellen ist jetzt kein Hexenwerk, das einer genaueren Dokumentation bedarf... Ansonsten nehme ich einen passenden Bohrer und bohre damit ein passendes Loch in ein Stück dünnes Sperrholz, anschließend den Sektor den man braucht heraussägen. Ok, den Forstnerbohrersatz bis 60 mm hat nicht jeder zu Hause im Keller... Aber wie gesagt, Pappe, Zirkel und Schere sind auch vollkommen ausreichend.

Gruß, Onno

ctrl
02.06.2019, 01:21
... was noch fehlt sind Gehäuse mit gerader Fase oder Verrundung. Vergleiche diese beiden Varianten mit dem "Schuhkarton"-Gehäuse:
49309 49313 49314
Der vielleicht bessere Vergleich wäre, wenn der Schuhkarton auch 280mm statt 250mm Breite besitzen würde - erspare mir und euch diesen aus Faulheit diesen Fall.


Die Reihenfolge der Diagramme ist immer wie bei den Skizzen.
Das normierte horz. Sonogramm und Frequenzgänge im Vergleich:
49312 49317 49319
49311 49316 49320


Die "early reflections" als Annäherung für die Raumkurve in einem "typischen" Hörraum bei linearem FG-Verlauf auf Achse. Ebenfalls im Vergleich:
49310 49315 49321

So, nun sind aber wirklich die Standard-Formen abgedeckt :D

Gruß Armin

Lauscher
02.06.2019, 09:21
Hallo Onno,

danke für Deine Antwort - so habe ich das bei Fasen an der Front auch gemacht.
Das geht sogar abgeschrägt zulaufend.

Ich habe vor einen LS in der Draufsicht in Bootsform zu basteln.
Darum springe ich auf das Thema Rundungen an LS herstellen an.

Viele Grüße
Jens

ctrl
03.06.2019, 11:20
... sorry, einen Nachweis zur Aussagekraft der Simus bin ich noch schuldig geblieben, "Was passiert wenn ein Gehäuse genommen wird, das deutlich tiefer ist als in den Simulationen?"

Um Rechenzeit zu sparen nutze ich meist nur 100-150mm tiefe Gehäuse für die Simulationen. Da stellt sich natürlich die Frage was passiert wenn man mal realistische Tiefen verwendet.

Dazu soll das breite Gehäuse mit den verrundeten Seiten aus Post#41 betrachtet werden. Die Maße sind BxHxT 280x350x120mm mit 80mm Radius für die obere Rundung verjüngend auf 30mm Radius. Vergleichen wir dies mit einem 230mm tiefen Gehäuse:
49334 49335


Wie immer, das normierte horz. Sonogramm und Frequenzgänge im Vergleich:
49337 49338
49336 49339
Die Aufweitung in der Abstrahlung verschiebt sich zu tieferen Frequenzen. Wer sich überlegt diese Variante zu bauen, sollte vielleicht noch etwas mit der Trennfrequenz experimentieren.
Für ernsthafte Vorhaben würde ich die Simulation auch nochmal verfeinern und z.B. die Trennung realistischer abbilden - einfach per PM melden.


Die "early reflections" als Annäherung für die Raumkurve in einem "typischen" Hörraum bei linearem FG-Verlauf auf Achse. Hier die beiden Kurven im direkten Vergleich:
49341
Der Einfluss auf die zu erwartende Raumkurve des LS, setzt merklich erst unter 900Hz ein. Vermute dadurch dass Breite und Tiefe nun fast identisch sind, fällt der Einfluss der Kantendiffration+baffle step beider Gehäuseseiten in einen ähnlichen Frequenzbereich - vielleicht hat der eine oder andere eine bessere Erklärung für die Unterschiede?


Gruß Armin

Gaga
03.06.2019, 23:11
Hi Armin,

ich lese still mit, wollte mich aber zwischendurch einfach mal für Deine schöne, systematische Untersuchung bedanken...:thumbup:

Gruß,
Christoph

ctrl
16.06.2019, 15:59
Hallo,

wurde per PM angefragt ob schon Betrachtungen zu D'Appolito auf großer Schallwand durchgeführt wurden. Es sei ein Projekt mit hoher Trennfrequenz und flacher Filterung geplant. Das Gehäuse ist doppelt so hoch wie es breit ist (1400mm x 700mm)
Natürlich habe ich die üblichen Argumente gegen solch ein Vorhaben sofort aufgeführt, da es praktisch alles Schlechte von D'Appolito und Filterwahl vereint (Kammfiltereffekte, Klirr, IMD,...), war aber auch neugierig, da ich wirklich noch nie Betrachtungen in diese Richtung gesehen hatte.

Die Schallwand in der Simulation hat die Maße BxHxT 400mmx800mmx100mm. Das ist nicht so groß wie vom Fragesteller geplant, aber sollte ausreichen um grundsätzliche Fragen zu klären und die Rechenzeit für die Simulation zu limitieren.
49474
Zum Einsatz kommen zwei 4'' Tiefmitteltöner und eine 1'' Kalotte (ohne jegliche Schallführung, nur mit einem kleinen Step um die Membran, den fast alle Kalotten besitzen - mehr dazu irgendwo in Christoph's Waveguide Thread (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?14139-Wir-basteln-ein-Waveguide-oder-Constant-Directivity-wie-geht-das&highlight=waveguide)).

1. Hohe Trennung mit 4. Ordnung
Als erstes die Betrachtung warum hoch getrennte Pseudo-D'Appolito-LS mit einer üblichen Trennung 4. Ordnung auf gar keinen Fall keine gute Idee ist.

Normierter Frequenzgang des simulierten Lautsprecher mit Zweigen und Target-Kurven, verpolter Frequenzgang zur Überprüfung der Phasenlage an der Trennfrequenz:
49475
Alles in bester Ordnung. Eine klassische LR4@3.5kHz Trennung.

Zuerst das übliche, normiertes horz. Sonogramm und Frequenzgänge:
49476 49477
Um 1,3 kHz zeigt sich die Kantendiffraktion der breiten Schallwand wie wir sie schon beim betrachten der Grimm LS1 in Post#42 gesehen (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?17605-Schallwand-und-Abstrahlung-im-Hochton-oberen-Mittelton&p=258459&viewfull=1#post258459) haben - aufgrund der "harten Kanten" und der "unglücklichen" Abmessungen (TMT haben ähnliche Abstände zu drei Kanten) hier in all ihrem Schrecken.

Nun das normierte vertikale Sonogramm und die FG 0-90° nach oben abgestrahlt:


49481 49480
Denke da braucht man nichts zu sagen - nicht ganz optimal ;)


2. Hohe Trennung mit 1. Ordnung
Jetzt mal eine Betrachtung die sonst nie gemacht wird. Hohe Trennung eines D'Appolito LS mit BW-Filter erster Ordnung. Die übliche Argumentation gegen Filter erster Ordnung (Klirr, IMD, Phasenfehler,...) wollen wir hier nicht betrachten. Klar ist, es gibt TMT und HT die eine solche Trennung realisieren können.

Normierter Frequenzgang des simulierten Lautsprecher mit Zweigen und Target-Kurven, verpolter Frequenzgang zur Überprüfung der Phasenlage an der Trennfrequenz:
49467
Für ein "passives" Filter 1. Ordnung ganz okay. Aktiv getrennt wird man das besser hinbekommen. Die Phasenfehler halten sich in Grenzen, wie man an der "verpolten" FG-Kurve sieht. Zwar weicht diese bis zu 3dB ab, aber für eine grundsätzliche Betrachtung sollte die Genauigkeit ausreichen.


Normiertes horz. Sonogramm und Frequenzgänge:
49465 49466
Der Unterschied zur Trennung 4. Ordnung ist nicht groß, was auch zu erwarten war.

Preisfrage, wie steht es mit der vertikalen Abstrahlung?
Das normierte vertikale Sonogramm und die FG 0-90° nach oben abgestrahlt:
49470 49471
Ein deutlich besseres vertikales Abstrahlverhalten als beim obigen Beispiel. Hatte ich, ehrlich gesagt spontan so gut nicht erwartet, aber durch die Verwendung eines phasenlinearen Filter addieren sich die Schalldrücke von HT und TMT in vertikaler Richtung natürlich optimal.

Was einem aber weiterhin einen Strich durch die Rechnung macht, sind die gegenseitigen Auslöschungen der beiden TMT Chassis untereinander, welche einen Kammfilter-Effekt hervorrufen.

Wer dazu mehr lesen möchte sei dies hier empfohlen:
https://www.birotechnology.com/articles/VSTWLA.html

Wer sich die vertikalen Interferenzen der beiden TMT-Chassis getrennt betrachten möchte, kann dies Recht einfach im Diffraction-Tool von VituixCAD tun:
49472 49473

Daher ist bei Pseudo-D'Appolito die Trennfrequenz immer in Abhängigkeit des Abstandes der beiden TMT zu wählen und jeder muss selbst entscheiden wie viel Kammfilter in Ordnung ist ;)

Hoffe ich kann damit dem Forum-User weiter helfen...

Im nächsten Post noch etwas für die "Früher-War-Alles-Besser"-Fraktion, denn früher hat man nicht M-T-M gemacht, sondern M-M-T Anordnungen (nutzt ein aktuelles Projekt von mir)...

Gruß Armin

ctrl
16.06.2019, 16:31
... noch schnell etwas zu der in früheren Zeiten öfter verwendeten M-M-T Anordnung.

In einem aktuellen Projekt (bin gerade dabei die Fronten zu fräsen) wird diese Anordnung verwendet um im Mittelton die vertikale Bündelung zu erhöhen.

Zwei 4'' TMT plus Seas-DXT oben auf.
In der Simulation sieht die vertikale Abstrahlung wie folgt aus:
49482 49483
Jetzt könnte man sagen "Wow, das sieht doch auch Kacke aus", man darf allerdings nicht vergessen, dass hier mit LR4@1.7kHz getrennt wird. Die Einschnürung in der vertikalen Abstrahlung bei Verwendung eines nicht phasenlinearen Filter lässt sich nicht vermeiden.

Aber dafür wird zu tiefen Frequenzen die vertikale Abstrahlung, der "breit strahlenden" 4-Zöller gebündelt, ohne dass es zu Kammfilter-Effekten kommt, wie oben schon mit VituixCAD simuliert:
49484
Die Trennfrequenz liegt so tief, dass die "Inter-Chassis-Auslöschungen" nicht/kaum in Erscheinung treten.

Hier noch zum Vergleich die horizontalen Abstrahlung des LS:
49485 49486

Gruß Armin

Yogibär
16.06.2019, 17:41
Hallo Arnim,

ich bin begeistert von Deiner Arbeit und Akribie, mit der Du die Simulationen durchführst und auswertest. Einfach Klasse.
Die D‘Appolito Anordnung kann nach Theorie mit Filtern gerader Ordnung nicht funktionieren. Da kippt die vertikale Summenkeule. Ein BW 3. Ordnung sorgt jedoch für die perfekte Überlappung im Übergangsfrequenzbereich, wenn das Frequenzkriterium stimmt.

Warum hast Du das nicht simuliert?

viele Grüße

Thomas

ctrl
16.06.2019, 18:03
Hallo Thomas,


Da kippt die vertikale Summenkeule. Ein BW 3. Ordnung sorgt jedoch für die perfekte Überlappung im Übergangsfrequenzbereich, wenn das Frequenzkriterium stimmt.
Warum hast Du das nicht simuliert?
Das hatte ich vor.
In Kurzform: Nutze Demo-Version, kann Projekt nicht speichern, Windows Update, automatischer Neustart, die 12h Simulation war weg, hatte nur die oben gezeigten "Formen" abgespeichert :eek:

Heute war nach 25h eine zweite Simulation mit leicht geänderter Schallwand und HT im kleinen Waveguide (Seas DXT) fertig, dort soll auch mit BW3 getrennt werden.

Gruß Armin

ctrl
20.06.2019, 19:16
Hallo,

es geht weiter mit dem Thema D'Appolito. Ein paar Betrachtungen zu echte D'Appolito versus Pseudo-D'Appolito mit hoher Trennung erster Ordnung (Vergleiche hierzu Post#55 (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?17605-Schallwand-und-Abstrahlung-im-Hochton-oberen-Mittelton&p=259427&viewfull=1#post259427)).

Musste für diese Betrachtungen auf eine andere Schallwand ausweichen. Bei der breiten Schallwand liegt die Kantendiffraktion voll im Bereich der Trennfrequenz eines echten D'Appolito-LS. Wenn die Filterflanken auf Achse passen, passt es unter Winkel nicht mehr... und umgekehrt - sobald die Realität ins Spiel kommt, wird es kompliziert ;)

Daher musste eine Schallwand gefunden werden die sowohl eine tiefe als auch hohe Trennung zulässt ohne dass die Kantendiffraktion die Filterflanken zu sehr beeinflusst.

Die Schallwand wurde daher auf BxHxT 220mm x 700mm x 120mm verkleinert und die Seiten mit 50mm Radien versehen:
49533
Der Hochtöner ist wieder ohne Schallführung. Die Abstände entsprechen den minimalsten Werten für 4 Zoll TMT mit 104mm Frontplatte HT.

1. Echte D'Appolito 4'' TMT plus 1'' HT Butterworth 3. Ordnung 1kHz Trennung
Für einen echte D'Appolito-LS sollte die Trennfrequenz daher bei rund 1kHz liegen. Mit einem entsprechenden HT liese sich dies auch gerade noch realisieren - oder Breitbänder wählen, dann leidet aber die Abstrahlung im Hochton.
49534
Bei der Trennfrequenz passt es sehr gut, der normale und verpolte Achsen-FG ist fast deckungsgleich.
Zu höheren Frequenzen gibt es üble Kantendiffraktion. Hier könnte sich auch die geringe Tiefe mit entsprechenden Interferenzen auswirken - um 3.5kHz Front runde Kante, um 1.7kHz hintere Gehäusekante.

Verzichte hier auf die Darstellung der horizontalen Abstrahlung, welche normiert nicht schön aussieht, und zeige nur die vertikale Achse.

Normierte vertikale Darstellung:
49536 49537
Das sieht normiert wegen der Kantendiffraktion nicht gut aus. Dafür kann man sofort erkennen, warum es überhaupt keinen Sinn macht bei diesem Design auf linearen Achsenfrequenzgang zu entwickeln (horizontal sieht es nicht viel besser aus).

Daher hier die nicht normierten vertikalen FG 0-90° nach oben:
49538
Das ist nicht ganz übel und zeigt, dass eine echte D'Appolito, was die vertikale Abstrahlung anbelangt, funktioniert.


2. Pseudo-D'Appolito 4'' TMT plus 1'' HT Butterworth 1. Ordnung 3.5kHz Trennung
Zum Vergleich hier noch, wie in Post#55, die hohe Trennung 1. Ordnung mit einer Trennfrequenz von 3.5kHz:
49539
Wegen der Kantendiffraktion nicht ganz sauber.

Normierte vertikale Darstellung:
49540 49542

vertikalen FG nach oben:
49541
Zwischen 600-800Hz kommt es wieder zu den TMT-Chassis-Interferenzen, aber viel schlechter als bei der echten D'Appolito Beschaltung ist das auch nicht.
Wenn man sich die vertikalen 45-60-75° Frequenzgänge anschaut, sieht es hier für mich sogar etwas besser aus.

Wenn man dann noch die Filterflanken vergleicht und davon ausgeht, dass der HT nicht bis 100Hz durchläuft, sondern wie in der Simulation ab 500Hz die Flügel streicht, dürfte die hohe Trennung nicht mehr (vielleicht sogar weniger) Auslenkung des HT verursachen.
Filterflanken-Vergleich Hochtöner mit Butterworth 3. Ordnung 1kHz Trennung versus Butterworth 1. Ordnung 3.5kHz Trennung:
49543


So irre die Betrachtung eines D'Appolito-LS mit hoher Trennung 1. Ordnung mir am Anfang auch erschien, zeigt die Simulation, dass dies laut Simulation doch funktionieren könnte - bei entsprechendem Hochtöner und Mitteltöner.

Gruß Armin

ctrl
20.06.2019, 21:28
... jetzt noch schnell der Vergleich der echten D'Appolito mit BW3@1kHz (siehe Post#59 (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?17605-Schallwand-und-Abstrahlung-im-Hochton-oberen-Mittelton&p=259613&viewfull=1#post259613)) gegen die Trennung mit LR4@1kHz.

Die Trennung LR4@1kHz gelingt in diesem Fall optimal:
49545

Vergleichen wir nun die vertikalen FG 0-90° nach oben, erst BW3@1kHz, dann LR4@1kHz (die leicht unterschiedlichen Schalldrücke ignorieren) und zum Schluss noch die Trennung mit BW1@3.5kHz (der Vollständigkeit halber):
49546 49547 49548
Zwischen BW3@1kHz und LR4@1kHz gibt es kaum einen Unterschied. Das wird sich auch kaum im Energiefrequenzgang auswirken.
Hmh, HT entlasten und fast echtes DA oder echtes DA - muss jeder selbst entscheiden...

Gruß Armin

Gaga
20.06.2019, 23:50
Hallo Armin,

nochmals vielen Dank für Deine Simulationen!

Den Vergleich von BW3- vs LR4-Trennung einer nicht so ganz echten D'Appolito habe ich hier (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?5818-LB3-oder-gib-alten-Resten-eine-Chance&p=81897&viewfull=1#post81897)an einem konkreten Beispiel gemessen.

Die Unterschiede im vertikalen Abstrahlverhalten waren, wie in Deiner Simulation, eher gering. Daher habe ich mich für die LR4, also steilere Trennung zur Entastung des HT entschieden.

Gruß,
Christoph

ctrl
10.07.2019, 19:10
Hallo,

ein Forum-User möchte ein LS-Projekt mit dem Einsatz einer 3'' MT-Kalotte (glaube es ist eine ATC SM75-150) realisieren und bat mich um ein paar Simulationen.

Als Tiefton ist ein 8-Zöller vorgesehen - denke da kommt unten noch ein Subwoofer dazu, vielleicht sagt der User hier noch was dazu. Die Schallwand soll 280mm Breite aufweisen.

Seine Wunschkombination sieht im HT einen Bliesma vor. Also breit abstrahlender HT mit bündelnder MT-Kalotte - eigentlich keine so gute Idee, aber man lernt auch aus Dingen die nicht funktionieren und so eine Simulation kostet ja nichts (außer etwas Zeit) und es macht Spaß spannende "schräge" Konzepte zu simulieren.

Wichtig: Bei allen Simulationen zeigt sich um 650Hz die Kantendiffraktion der hinteren Gehäusekante (Gehäuse hat nur 150mm Tiefe um Rechenzeit einzusparen), daher ist deren Auswirkung bei z.B. bei 90° größer als bei 30°. Bei tieferem Gehäuse tritt dies so nicht auf, bzw. ist zu tieferen Frequenzen verschoben und abgeschwächt.

1. Eine 3''-Kalotte auf gerader Schallwand und 34mm Hochtöner ohne Waveguide

Wie immer starten wir mit einem einfachen Gehäuse dies hat eine kleine 10mm Zier-Fase.
BxHxT ist 280mm x 500mm x 150mm. Der HT sitzt möglichst weit oben an der Schallwand, der Rest verteilt sich darunter.
49767

Die Trennung wird mit LR4@500Hz und LR4@2000Hz realisiert und sieht wie folgt aus:
49768
Die Phasenlage geht in Ordnung und die Zielfunktionen sind auch gut getroffen, die Simulation sollte also diesbezüglich keine Probleme bereiten.

Das normierte horz. Sonogramm und zugehöriger Frequenzgang:
49769 49770
Das ist eine absolut üble horizontale Abstrahlung und für deren Korrektur müsste auf Achse der FG breitbandig um 3-5dB abgesenkt werden, was definitiv im Direktschall hörbar wäre. Da könnten auch die schönsten Fasen nichts mehr retten.


Wenn wir uns mal nur die MT-Kalotte betrachten (normiert auf 0° + nicht normiert):
49772 49777
Bei um <=2kHz schlägt die Kantendiffraktion zu. Ansonsten lässt die Kalotte bis 3kHz nichts anbrennen. Potential ist auf jeden Fall da!

Laut Test der Volt VM753AOS in HH 2018-4 (ist die baugleich zur ATC SM75-150??) sollte der Einbruch auf Achse bei 5kHz erfolgen, in der Simu sind es über 7kHz, falls baugleich passt es da nicht ganz.


Liegt auf der Hand im HT eine Schallführung zu verwenden. Da muss der Seas-DXT herhalten - schon wieder...:thumbdown:

Falls jemand die große Wavecor-Kalotte mit Waveguide Zuhause liegen hat, würde ich mich über eine PN mit den Maßen der Kalotte + WG sehr freuen.


2. Eine 3''-Kalotte auf gerader Schallwand und Seas DXT

An der Schallwand hat sich nichts geändert, nur dass der DXT den Bliesma ersetzt.
49773

Die Trennung wurde etwas verändert und zeigt nun LR4@700Hz und LR4@2500Hz. Man kann wahrscheinlich etwas tiefer als 700Hz trennen. Die 2,5kHz Trennung kommt dem DXT zugute und nutzt die MT-Kalotte besser aus (so sollte Klirr praktisch nicht vorhanden sein):
49774

Das normierte horz. Sonogramm und zugehöriger Frequenzgang:
49775 49776
Das sieht schon bedeutend besser aus.
Da der User keine Verrundung oder ähnlich komplexes haben möchte, bleibt für die Optimierung nur die seitliche Fase - dazu später mehr.

Gruß Armin

ctrl
10.07.2019, 20:50
...
3. Optimierung der Fase

Zur Optimierung der Abstrahlung wurde die seitlichen Fasen optimiert.

Hier die normierten horz. Sonogramme mit folgenden Fasen:
10mm 45°, 20mm 45°, 30mm 30°, 30mm 35° und 30mm 40°
49778 49779 49780 49781 49782

In der letzten Variante sind die Einflüsse der Kantendiffraktion um 2kHz fast eliminiert (auf Kosten von etwas unruhigerem Abstrahlverhalten über 4kHz).

Für diese Variante etwas mehr Details mit (alles ohne Glättung)
1) norm horz FG
2) norm vert FG nach oben
3) norm vert FG nach unten
4) norm horz. Sonogramm 180°
5) norm vert. Sonogramm 180°
49783 49794 49795 49784 49785
Denke das sieht ganz vernünftig aus und das Gehäuse ist weiterhin sehr einfach zu erstellen:
49796


UPDATE: Eine Sache muss noch nachgereicht werden.
Die "early reflections" als Annäherung für die Raumkurve in einem "typischen" Hörraum bei linearem FG-Verlauf auf Achse.
49798
Das sieht meiner Meinung nach sehr gut aus. Gerade im kritischen Präsenzbereich ist eine flache Senke in der Raumkurve zu erwarten ohne dass der FG auf Achse gesenkt werden muss. Das sollte detailreiches Hören ohne Aggressivität bei höheren Schalldrücken ermöglichen.

Gruß Armin

BDE
10.07.2019, 21:11
Vielen Dank für Deine Simulationen, immer wieder aufschlussreich!
Ich hoffe derjenige überlegt es sich noch einmal mit dem HT…

Simon
11.07.2019, 10:13
Hallo,

ich oute mich mal als Ideengeber dieses Projektes und möchte Armin auch an dieser Stelle meinen riesen Dank aussprechen.

Mein Trugschluss war, dass Mitteltonkalotten sehr breit abstrahlen und der Bliesma diesbezüglich sehr gut passen müsste.
Dass die kleine Schallführung des ATC SM75-150 aber einen derart großen Einfluss auf die Abstrahlung hat, hatte ich nicht erwartet.

Mit der Aufweitung unterhalb von 600Hz kann ich leben.
Ein 25er wäre möglich, ändert daran aber nichts. Wenn dann müsste wohl ein 38er oder zumindest 30er her.
Mein Konzept sieht aber einen 20er TT vor, der untenrum entweder mit einem 46er oder mehreren 25ern erweitert wird.

Das Verhalten des Bliesma zwischen 2 und 5kHz ist in Kombination mit der MT Kalotte aber nicht akzeptabel.
Jetzt ist die Frage, ob ich auf ein Hochtöner umsteige, der in einem Waveguide sitzt oder ob ich eine Schallführung für einen meiner vorhandenen HT baue.


Und freundlich grüßt
http://www.cosgan.de/images/smilie/frech/e025.gif der Simon

Gaga
11.07.2019, 10:23
Hallo Simon,


ich oute mich mal als Ideengeber dieses Projektes

Das finde ich gut. Lass uns doch wissen, ob und ggf. wie Du das Projekt weiter verfolgst.

Gruß,
Christoph

roomcurve
11.07.2019, 11:31
Leider bündeln Kalotten sogar mehr als Konuschassis mit dem gleichen effektiven Durchmesser, ein Grund warum ohne Waveguide-HT eher die 50mm als die 75mm Mitteltonkalotten praxistauglich sind, während man bei Konusmitteltönern oft auch noch 80-100mm Chassis nehmen kann (bei üblichen Trennfrequenzen).

Gaga
11.07.2019, 12:19
Moin,


Leider bündeln Kalotten sogar mehr als Konuschassis mit dem gleichen effektiven Durchmesser,

Ich habe das jetzt nicht für MT-Kalotten angeschaut - aber bei HTs ist dies so. Inverse Kalotten (Focal, Accuton) bündeln weniger, als Kalotten mit identischen Durchmesser...

Gruß,
Christoph

roomcurve
11.07.2019, 12:50
Ja, bei inversen ist das geometrisch durch die Abstände zu den Seiten so bedingt, somit bündeln nach außen gewölbte Kalotten noch mehr als Konuschassis. Bei Mitteltonkalotten kommt noch dazu dass sie in ihrem Arbeitsbereich eher wie ein idealer Kolben schwingen während sich bei einigen Konuschassis der effektive Durchmesser bei hohen Frequenzen verkleinert, ergo weniger Bündelung.

ctrl
11.07.2019, 21:11
Das Verhalten des Bliesma zwischen 2 und 5kHz ist in Kombination mit der MT Kalotte aber nicht akzeptabel.
Jetzt ist die Frage, ob ich auf ein Hochtöner umsteige, der in einem Waveguide sitzt oder ob ich eine Schallführung für einen meiner vorhandenen HT baue.

Eine Schallführung mit mittelstarker Bündelung für den Bliesma zu entwickeln wird nicht ganz einfach. Bei stärker bündelnden WG entsteht auf Achse ein heftiger Einbruch meist um 10-15kHz (hängt z.B. vom Kalottendurchmesser ab).

Das hat Christoph/Gaga für den Seas-DXT ausführlich (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?14139-Wir-basteln-ein-Waveguide-oder-Constant-Directivity-wie-geht-das&p=209892&viewfull=1#post209892) untersucht und Gründe aufgeführt warum dies beim DXT kaum auftritt.
Weiter hat Gustav für die AB-Wave ein sehr flaches Waveguide (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?17431-Die-AB-Wave&p=247807&viewfull=1#post247807) für den Bliesma entwickelt, das breit abstrahlt und den Einbruch auf Achse nicht zeigt. Ein so flaches Waveguide dürfte aber in deinem Fall zu wenig bündeln.

Beim Wavecor TW030WA11/12 (http://www.wavecor.com/html/tw030wa11_12.html) als weitere Alternative bin ich mir nicht sicher ob die Bündelung passt. Das WG zeigt kein CD-Verhalten und laut Datenblatt eine "früh/schnell" zunehmende Bündelung.

Da selbst neugierig, werde ich mal ein flaches WG für den Bliesma simulieren, dann kannst du leichter entscheiden. Um dir vorab schon alle Hoffnung zu nehmen, bin ich mal skeptisch ;) - Habe mit im Hochton aufweitender Abstrahlung keine gute Erfahrung gemacht, wenn ein möglichst linearer Achsen-FG angestrebt wird.

Gruß Armin

Simon
12.07.2019, 06:18
Ich habe noch ein Paar Scan Speak D3004/664000 im Regal.
Die hat original eine mini Schallführung. Abmessen ist wegen dem fixen Gitter kaum möglich. Ich gehe aber stark davon aus, dass die Wirkung zu gering ist.
Da die Scan genauso wie die Seas DXT eine 26mm Kalotte ist, könnte man sich wohl an deren Waveguide orientieren.


Und freundlich grüßt
http://www.cosgan.de/images/smilie/frech/e025.gif der Simon

ctrl
12.07.2019, 09:54
Hallo,

wie versprochen nun die Simulation der 3''-MT-Kalotte plus Bliesma HT mit einem flachen WG. Das fasen-optimierte Gehäuse aus Post#63 wird weiterhin verwendet.

Wie in Post#62 (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?17605-Schallwand-und-Abstrahlung-im-Hochton-oberen-Mittelton&p=260704&viewfull=1#post260704) unschwer zu erkennen war, ist der Bliesma HT ohne Schallführung in Kombination mit der MT-Kalotte nicht empfehlenswert. Selbst mit einem breit strahlendem Konus-MT dürfte die Abstrahlung nicht so richtig überzeugend ausfallen. Daher führt an einer flachen Schallführung eigentlich kein Weg vorbei.

Dazu starten wir mit einer Simulation des Bliesma HT in AxiDriver:
49822
Das stimmt ganz gut mit den Messungen im Produktdatenblatt (http://www.bliesma.de/Datasheet%20T34A-4.pdf) überein. Im Super-HT zeigt der Bliesma aufgrund der speziellen Kalotten-Herstellung bessere Eigenschaften als die Simulation der idealen Kalotte mit gleichmäßiger Materialstärke.

Wird der Bliesma in ein flaches Waveguide (Durchmesser 104mm, damit austauschbar gegen andere HT, die Tiefe des WG beträgt nur 6,5mm) gezwungen, ändert dies massiv die Abstrahlung:
49821
Im Produktdatenblatt würde sich dies, auf den ersten Blick, nicht so gut machen. Die Resonanzstelle bei 15kHz dürfte in der Realität so (ausgeprägt) nicht auftreten. Der Achsen-FG zeigt keinen Einbruch und erinnert im Verlauf etwas an den des DXT.


Damit sieht die Skizze des LS (3''-MT-Kalotte plus Bliesma HT mit WG) wie folgt aus:
49808


Als erstes der (nicht ganz faire) Vergleich der FG des Bliesma ohne WG im einfachen Gehäuse (mit der 10mm Zierfase, habe leider keine Simu des HT im optimierten Gehäuse), gegen der Bliesma mit flachem WG:
49809 49810
Die WG-Version zeigt eine milde Aufweitung um 3,5kHz, was problemlos auf Achse korrigiert werden kann. Ansonsten bedarf es wohl keiner weiteren Kommentierung warum die Version ohne WG nicht (optimal) funktioniert ;)


Der gesamte LS mit LR4@700Hz und LR4@2500Hz simuliert sich dann wie folgt (wie immer, alles ohne jegliche Glättung):
1) LS SPL nicht normiert
2) norm horz FG
3) norm horz. Sonogramm 180°
4) norm vert. Sonogramm 180°
5) "early reflections" als Annäherung für die Raumkurve in einem "typischen" Hörraum bei linearem FG-Verlauf auf Achse
49815 49816 49818 49819 49820
Die Filterflanken passen gut zu den Zielfunktionen und die Phasenlage geht ebenfalls in Ordnung.
Die FG zeigen ab 1kHz praktisch constant directivity Verhalten (mit leicht ansteigender Tendenz).
Dadurch strahlt die Bliesma-Kalotte trotz Waveguide für die verwendete MT-Kalotte noch etwas zu breit ab.
Gut zu erkennen ist dies auch in der simulierten Raumkurve, wonach die "Schallenergie" im Hochton ansteigt (ein leichter Abfall im Hochton wäre eigentlich erstrebenswert) - das war bei der Simulation mit der DXT-Kalotte in Post#63 ausgeglichener.

Hier müsste wahrscheinlich auf einen leicht fallenden Achsenfrequenzgang abgestimmt werden. Wie schon in Post#63 gefällt mir (im Sinne von persönlicher "Entwickler-Philosophie") die leichte Präsenz-Senke in der Raumkurve sehr gut.
Für den ersten Versuch bin ich doch erstaunt wie gut es funktioniert. Durch Optimierung des Bliesma-WG liese sich das Ergebnis sicher nochmal verbessern.

Als Referenz und zum Vergleich FG-Messungen (in 5° Schritten) der Genelec 8351A.
(Quelle: www.princeton.edu (http://www.princeton.edu))
FG 0-90° https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/attachment.php?attachmentid=15134&d=1509846638&thumb=1
(https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/attachment.php?attachmentid=15134&d=1509846638)
Gruß Armin

wgh52
12.07.2019, 11:48
Hallo Armin,

danke für Deine grosse Mühe und die lehrreichen Erklärungen! :prost:

AR
12.07.2019, 17:30
Hallo Armin,

ein dickes dickes Kompliment für Deine Simulationen! Super! Und vielen Dank!

Und wie es der Zufall so will, habe ich den DXT mit der ATC verbaut, obwohl vom Abstrahlverhalten nur geschätzt! Allerdings in einer 34cm breiten Schallwand mit r=16mm Rundung an den Außenkanten.und MT/HT um 20mm aus der Mitte versetzt. Getrennt mit LR 24dB bei 2,4kHz.
Aus Deinem Erfahrungsschatz: Macht das einen gewaltigen Unterschied?

Und hier noch eine bemerkenswerte "Referenzbox": Dutch&Dutch 8c
49828
https://dutchdutch.com/wp-content/uploads/2018/11/8c-Spec-Sheet-2019.pdf

Gruß
AR

AR
12.07.2019, 17:33
..Fehlbrand.... Wie kann man einen Beitrag löschen?

ctrl
12.07.2019, 20:35
... Danke an alle fürs bauchpinseln :D


Ich habe noch ein Paar Scan Speak D3004/664000 im Regal.
Die hat original eine mini Schallführung. Abmessen ist wegen dem fixen Gitter kaum möglich. Ich gehe aber stark davon aus, dass die Wirkung zu gering ist.
Hab ich jetzt nicht simuliert, könnte sich aber etwas besser als der Bliesma messen, da selbst ein kleiner Step mit Verrundung eventuell noch eine positive Wirkung zeigt - optimal wird es sicher nicht.


Und wie es der Zufall so will, habe ich den DXT mit der ATC verbaut, obwohl vom Abstrahlverhalten nur geschätzt! Allerdings in einer 34cm breiten Schallwand mit r=16mm Rundung an den Außenkanten.und MT/HT um 20mm aus der Mitte versetzt. Getrennt mit LR 24dB bei 2,4kHz.
Aus Deinem Erfahrungsschatz: Macht das einen gewaltigen Unterschied?
Die Erfahrung ist nicht groß, deshalb muss ich alles simulieren ;)
Kann dir da nichts Neues erzählen; breitere Schallwand -> Kantendiffraktion verschiebt sich zu tiefen Frequenzen, versetzte Chassis -> Effekt wird "verschmiert", bei besonders breiten ebenen Schallwänden wird der Hochton-FG meist unruhiger.

Wenn du mir den Abstand der Chassis von der oberen Gehäusekante, mitteilst kann ich das Ding bei Interesse einfach mal simulieren. Das Modell steht schon, daher macht es keinen Aufwand.

Gruß Armin

AR
12.07.2019, 22:21
Hallo Armin,

danke für das Angebot! Das werde ich sehr gerne annehmen.
Am Montag komme ich wieder nach Hause und werde messen.

Gruß & schönes Wochenenende
AR

AR
17.07.2019, 17:09
Hallo Armin,

nocheinmal danke für das Angebot!

Jetzt habe ich gemessen:
- die DXT-Kalotte hat einen Abstand von 8,5cm zur Boxenoberseite
- die ATC DSM 75 Kalotte 22,7cm, und
- der Bass 52,5cm.
Derzeit habe ich aber eine nahezu genauso breite Box obendrauf stehen, die die Schallwand nach oben um nocheinmal ca. 108cm verlängert.

Ich bin gespannt.
Gruß
AR

ctrl
17.07.2019, 17:42
Jetzt habe ich gemessen:
- die DXT-Kalotte hat einen Abstand von 8,5cm zur Boxenoberseite
- die ATC DSM 75 Kalotte 22,7cm, und
- der Bass 52,5cm.
Wieviel Zoll hat dein TT, das wird wohl kein 8'' Chasis sein?

Gruß Armin

AR
17.07.2019, 17:50
Das ist ein ein 12er (JBL 2203).

Gruß
AR

ctrl
17.07.2019, 18:28
Hallo AR,

hat die Skizze eine hinreichende Ähnlichkeit mit deinem Design?
Schallwand ist HxB 700mm x 340mm mit 16mm Rundung. Chassis wie gegeben mit 85mm, 227mm und 525mm von der Oberkante angeordnet.
Der Tieftöner zeigt nur (frei geschätzten) Konus und Sicke - muss nicht exakt stimmen, es reicht eine grobe Annäherung.
49889
Würde die Schallwand gerne in der Höhe belassen, da schon extrem rechenintensiv. Die Berechnung dürfte so einen Tag dauern.

Gruß Armin

AR
17.07.2019, 18:32
Hallo Armin,

genau, das passt!
Der Abstand zum Tieftöner ist leider etwas größer als üblich, da die Box aus Einzelmodulen besteht.

Danke & Gruß
AR

ctrl
18.07.2019, 18:16
Hallo,

die Simu von AR ist durch und es ist immer wieder erstaunlich was so ein paar Zentimeter mehr oder weniger ausmachen.

Mache hier den Vergleich mit der Schallwand aus Post#63 (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?17605-Schallwand-und-Abstrahlung-im-Hochton-oberen-Mittelton&p=260706&viewfull=1#post260706). Gegenüber den Diagrammen in Post#63 gibt es leichte Unterschiede, da der Waveguide des DXT in der Simulation ein wenig verändert wurde.

Schallwand aus Post#63: BxHxT ist 280mm x 500mm x 150mm. Der HT sitzt möglichst weit oben an der Schallwand, der Rest verteilt sich darunter - 8'' TT. Mit 30mm Fase und 40° Winkel.
Schallwand von User AR: BxHxT ist 340mm x 700mm x 150mm. Die Abstände der Chassis von der Gehäuseoberkante betragen: 85mm, 227mm, 525mm. 12'' TT. 16mm Rundung an den Seiten.

Die Schallwand ist also gut 20% breiter und die Kantenbehandlung (16mm Verrundung vs 30mm Fase) hat deutlich weniger Anteil an der gesamten Breite.

Beide LS werden mit LR4@700Hz und LR4@2500Hz simuliert.

Bei allen Darstellungen kommt immer zuerst die Schallwand aus Post#63, dann die von User AR.
49895 49894

Die SPL der Einzelzweige und Phasenlage bei der Simulation von AR:
49909
Nicht optimal, aber für die Simu geht es in Ordnung.

Das normierte horz. Sonogramm +-180°
49903 49896
Die größere Schallwand bündelt etwas ungleichmäßiger.

Die normierten horz. FG
49904 49897
Die Winkel-FG der größeren Schallwand sind deutlich unruhiger - breitere Schallwand und kleine Verrundung gegen 30mm Fase bei geringerer Breite.

Das normierte vert. Sonogramm +-180°
49905 49898
Hier machen sich die größeren Chassis-Abstände bei der Schallwand von AR leicht negativ bemerkbar.

Die normierten vertikalen FG nach oben
49907 49908
Durch die hohe Trennung des TT bei 700Hz macht sich der größere Chassis-Abstand deutlich bemerkbar.
Der 85mm Abstand des HT von der oberen Gehäusekante macht sich bei AR durch einen unruhigen Verlauf bemerkbar (zusätzliche Kantendiffraktion an Oberkante).


Die "early reflections" als Annäherung für die Raumkurve in einem "typischen" Hörraum bei linearem FG-Verlauf auf Achse.
49906 49900
Bei der breiten Schallwand ist der Radius der Verrundung zu gering, dadurch schlägt sich die Kantendiffraktion bei linearem Achsen-FG in der simulierten Raumkurve nieder (Buckel bei 1.4kHz). Um 4kHz macht sich wohl die Kantendiffraktion der oberen Gehäusekante bemerkbar.

Gruß Armin

AR
19.07.2019, 00:27
Hallo Armin,

super - herzlichsten Dank!

Ich habe die Mitteltonkalotte schon bei 450Hz vom Bass getrennt - ATC macht das bei seinen Boxen ja schon mit geringeren Steilheiten bei 380Hz. Dadurch sieht dieser Übergang vielleicht in Realiter auch etwas besser aus.
Was ich weiter oben geschrieben habe und mir dann bei Deiner Skizze blöderweise nicht aufgefallen ist: Mittel- und Hochtöner sind bei mir um 20mm aus der Mitte versetzt. Das dürfte die Kanteneffekte ja auch ein bißchen verschmieren.

Vielen Dank nochmal und viele Grüße
Andreas

ctrl
22.07.2019, 02:44
Was ich weiter oben geschrieben habe und mir dann bei Deiner Skizze blöderweise nicht aufgefallen ist: Mittel- und Hochtöner sind bei mir um 20mm aus der Mitte versetzt. Das dürfte die Kanteneffekte ja auch ein bißchen verschmieren.
Bei Simulation der unsymmetrischen Version hätte mein Rechner statt 8h, wahrscheinlich mehrere Tage gerechnet.
Denke auch, dass der Versatz eher zu einer Verbesserung führt.

Gruß Armin

ctrl
22.07.2019, 02:44
Hier kommt noch ein Update zur Simulation der Grimm LS1 aus Post#24 (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?17605-Schallwand-und-Abstrahlung-im-Hochton-oberen-Mittelton&p=258459&viewfull=1#post258459). Dort habe ich bei der Simulation nicht auf ein sauberes Crossover geachtet - bin halt immer noch Simu-Azubi ;)
49989
Bitte beachten, dass die seitlichen Säulen der Grimm in der Simu fehlen.

Hier also nun die Simulation mit einer sauberen Trennung LR4@1550Hz wie im Datenblatt der Grimm LS1 angegeben:
49990
Das sieht schon ohne weitere Beschaltung auf Achse sehr ausgeglichen aus.

Das normierte horz. Sonogramm +-90° und +-180°
49991 49992
Eine ordentliche Aufweitung der horizontalen Abstrahlung um 1.8kHz lässt sich nicht leugnen. Aber in der unten simulierten Raumkurve steht die Aufweitung durch die gewählte Trennfrequenz kaum heraus.

Wenn die normierte horizontale Abstrahlung etwas anders skaliert wird, zeigt sich ein kleines Problem:
49999
Die heftige Aufweitung zwischen 1kHz und 2kHz und die damit verbundene "Schallenergieabgabe" wird durch die Trennung bei 1,55kHz abgeschwächt - vert. FG Einbruch "entzieht Schallenergie".
Aber bei 2,5kHz gibt es eine weitere kleine Aufweitung, die nicht abgeschwächt wird, und in vertikaler Richtung nach oben ebenfalls - siehe weiter unten.
Was sich in der simulierten Raumkurve weiter unten niederschlägt.


Das normierte vert. Sonogramm +-90° und +-180°
49993 49994
Vertikal nach oben zeigt sich bei 2.5kHz eine Aufweitung (siehe untere Hälfte des Sonogramm).
Da die original Grimm verdreht angeordnet ist, wäre dies die vertikale Abstrahlung gegen den Boden.


Norm. horz. FG und vert. FG nach oben
49995 49996
Gut zu erkennen ist, dass der horz. 45° FG bei 1.8kHz das Niveau des Achse-FG erreicht. Vielleicht sollte man beim Abhören darauf achten, dass die Seitenreflexionen eher den sehr gleichmäßigen 75° FG spiegeln - insofern die Simulation die Realität entsprechend genau abbildet.


Die "early reflections" als Annäherung für die Raumkurve in einem "typischen" Hörraum bei linearem FG-Verlauf auf Achse
49997
Das sieht schon verdammt ausgeglichen aus. Im Präsenzbereich um 2.5kHz wird, imho, vielleicht etwas viel "Schallenergie" in den Raum abgegeben, was bei hohen Schalldrücken unangenehm werden kann - andere sehen dies natürlich komplett anders und es ist jammern auf hohem Niveau.



Die LS1 mit hinter der Front montiertem Tieftöner (10mm tiefe Schallführung)

Der von hinten montierte TT bringt mal leichte Vorteile, z.B. norm horizontale Abstrahlung), aber auch Nachteile, wie eine etwas ungleichmäßigere simulierte Raumkurve - siehe unten.
49976
Bitte beachten, dass die seitlichen Säulen der Grimm in der Simu fehlen.

Simulation Trennung LR4@1550Hz:
49968

Das normierte horz. Sonogramm +-90° und +-180°
49969 49971

Das normierte vert. Sonogramm +-90° und +-180°
49970 49972

Norm. horz. FG und vert. FG nach oben
49974 49975

Die "early reflections" als Annäherung für die Raumkurve in einem "typischen" Hörraum bei linearem FG-Verlauf auf Achse
49973


Gruß Armin

EMP
22.07.2019, 07:28
Hi Armin, wie immer sehr interessant:)

Würde sich das vertikale Verhalten durch große Fasen oben und unten verbessern?

ctrl
22.07.2019, 08:48
Hallo Michi,


Würde sich das vertikale Verhalten durch große Fasen oben und unten verbessern?
49981
Die vom HT aus gesehene nahe/obere vertikale Gehäusekante ist großzügig verrundet, eine große Fase dürfte das Verhalten nicht verbessern.

Eine große Fase "unter dem" Tieftöner wird wohl keine große Auswirkung haben, da die Kante 340mm vom HT entfernt ist, deren Auswirkungen also unter der Trennfrequenz des HT liegen sollte und durch die Tiefe Trennung auch wenig Auswirkung beim TT zu erwarten sind.

Prinzipiell sieht das vertikale Verhalten der LS1 ziemlich gut aus.
Vielleicht könnte man durch eine Verlängerung der Schallwand (und damit verbundenen Abstand-Vergrößerung des HT zur oberen Gehäusekante) die Aufweitung um 2.5kHz in Richtung Trennfrequenz verschieben.

Hier zur Analyse die norm. horz. FG, vert. FG nach oben und unten, norm. diagonale Sonogramm der simulierten LS1:
49977 49978 49979 49980

Gruß Armin

ctrl
23.07.2019, 23:56
Vielleicht könnte man durch eine Verlängerung der Schallwand (und damit verbundenen Abstand-Vergrößerung des HT zur oberen Gehäusekante) die Aufweitung um 2.5kHz in Richtung Trennfrequenz verschieben.
Wer erzählt denn so einen Schmarren ;)
Eine Verlängerung der Schallwand bringt nichts um das etwas zu viel Schallenergie um 2.5kHz zu reduzieren, da die hauptsächliche Ursache durch eine Aufweitung der Abstrahlung in der horizontalen verursacht wird. Post#86 (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?17605-Schallwand-und-Abstrahlung-im-Hochton-oberen-Mittelton&p=261286&viewfull=1#post261286) wurde dazu etwas überarbeitet und ergänzt.

Post#86 wurde ergänzt und Diagramme ausgetauscht (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?17605-Schallwand-und-Abstrahlung-im-Hochton-oberen-Mittelton&p=261286&viewfull=1#post261286), die von einer LS1 Version mit von hinten montiertem TT stammten.

Gruß Armin

mar1o
22.09.2019, 08:20
Ich hätte hierzu mal eine Frage. Wenn man eine Onwall-Variante einer LS1 ohne großzügige runde Phase (plan) Planen würde, dann kann man ein 68x68(cm) relativ flaches (beschränkt durch Einbautiefe 8“-TT) Lautsprechergehäuse konstruieren, bei der der DXT-HT dann mittig positioniert ist und man würde keine problematischen Beugungseffekte haben? Oder sonstige Effekte, die sich nicht durch einen vertretbaren DSP-Eingriff korrigieren ließen?

ctrl
22.09.2019, 15:51
...relativ flaches (beschränkt durch Einbautiefe 8“-TT) Lautsprechergehäuse konstruieren, bei der der DXT-HT dann mittig positioniert ist und man würde keine problematischen Beugungseffekte haben? Oder sonstige Effekte, die sich nicht durch einen vertretbaren DSP-Eingriff korrigieren ließen?
Du erhältst trotzdem Beugungseffekte, diese liegen einfach tiefer und werden mit der Größe der Schallwand geringer werden. Um mehr Details zu erhalten, müsste man den konkreten Fall simulieren.
Denke mal die Simulationen hier im Thread "Flache Tiefmitteltöner gesucht" (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?19629-Flache-Tiefmittelt%F6ner-gesucht&p=264056&viewfull=1#post264056) (und folgende Posts) werden dir weiter helfen bei der Einschätzung.

Mit dem DSP kannst du die Effekte nicht korrigieren, nur deren Auswirkungen durch verbiegen des Achsen-FG im gewissen Maß ausgleichen. Du opferst sozusagen "linearen Direktschall" zur Verbesserung des Diffusschall - das kann klanglich trotzdem sehr gut sein.

Gruß Armin

mar1o
22.09.2019, 16:02
Verstehe. Ergibt Sinn.

ctrl
01.11.2019, 21:32
Hallo,

wurde kürzlich gefragt, wie sich denn ein Zwitter der Grimm LS1 (https://www.grimmaudio.com/hifi-products/loudspeakers/ls1/) und der Heco Direct (https://www.heco-audio.de/de/lautsprecher/direkt/) simulieren würde - also eine LS1 gedreht und nach unten verlängert.

Als ersten Vergleich schauen wir mal was passiert wenn die LS1 gedreht und einfach verlängert wird. Die 55cm Höhe der LS1 werden auf 90cm verlängert, da die Front der Heco Direct diese Höhe hat.
Bei späteren Simus wurde die Höhe um 5cm, auf 85cm, reduziert um etwas Rechenzeit zu sparen.

Der Abstand der Chassis zur "oberen Kante" bleibt der Gleiche wie bei der LS1.
Das sieht optisch im Vergleich wie folgt aus (die LS1 wurde für die Simu ebenfalls gedreht):
51269 51268

Im Vergleich immer erst die Simulation der Grimm LS1, dann der LS-Zwitter "LS1 Direct" oder wie auch immer man das Konstrukt nennen möchte. Die Trennfrequenz von TMT und Seas DXT wurde bei 1.55kHz belassen.

Das normierte horz. Sonogramm +-90°, in 1dB Schritten um die Unterschiede besser hervorzuheben.
51270 51273


Die normierten horz. FG
51271 51274


Das normierte vert. Sonogramm +-90°
51272 51275


Vergleich der "early reflections" als Annäherung für die Raumkurve in einem "typischen" Hörraum bei linearem FG-Verlauf auf Achse - mehr Details dazu findet ihr hier (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?19074-%84Early-reflections%93-mit-ABEC-VACS).

Ganz wichtig:

Lasst euch durch die Skalierung nicht in die Irre führen. Die 10dB Skalierung wurde gewählt um die Unterschiede in den Simulationen besser hervorzuheben.
Die "early-reflection"-Kurve der LS1 ist im Vergleich zu anderen LS sehr gleichmäßig.
Die Kurve der ER der original LS1 wurde mit "höherer Auflösung" simuliert als die großen Schallwände des LS-Zwitter, daher wirken die Kurven mit geringerer Auflösung "zackiger" und im Super-HT kommt es zu Abweichungen.

51276
Was die vertikalen Sonogramme schon angedeutet haben, wird hier natürlich bestätigt, die Verlängerung der Schallwand verändert den Baffle-Step. Von 300-1500Hz ist die zu erwartende "roomcurve" nicht mehr so schön gleichmäßig abfallend wie beim Original.

Der für mich problematischste Bereich zwischen 2-3kHz ist weiterhin vorhanden und zeigt eine ausgeprägte Schalldruck-Erhöhung in der zu erwartenden "roomcurve", genau im Bereich der menschlichen Ohrkanal-Resonanz - die individuell verschieden um 2.7kHz liegt.

Insgesamt ist der Bereich von 1.5-4kHz etwas unruhig und weist Senken und Erhöhungen in schneller Abfolge auf.
In den nächsten Simulationen soll versucht werden den Bereich 1.5-4kHz etwas gleichmäßiger zu gestalten, Senken ja, aber nach Möglichkeit keine Erhöhungen in der roomcurve. Weiter soll der Bereich unterhalb von 1.5kHz wieder verbessert werden....

Fortsetzung folgt...

Gruß Armin

ctrl
01.11.2019, 23:34
...
Als nächstes entledigen wir uns
der oberen Rundung und
verlegen den HT an die obere Kante des Gehäuses
51285 51287

(Die Höhe des Gehäuses wurde auf 85cm reduziert, die Tiefe erreicht mit 14cm nicht ganz die Tiefe der original LS1 mit 16cm - die Simulation der ori. LS1 wurde auch mit 14cm Tiefe gefahren).

Zunächst der Vergleich der normierten horz. FG (wie gewohnt LS1 original, dann Zwitter-LS)
51292 51288
Im Bereich 1-1.5kHz haben wir uns keinen Gefallen getan, das ist übler als im Original.


Damit der LS mit 90cm Höhe nicht zu sehr nach Hinten geneigt werden muss, sollte die nach oben gerichtete vertikale Abstrahlung möglichst ausgeglichen sein. Daher die Betrachtung der vertikalen norm. Abstrahlung nach der massiven Veränderung.
51291 51289
Die Abstrahlung nach oben ist im unteren Teil des Sonogramm zu sehen. Da kann man eine Verbesserung zum Original erkennen.


Nicht fehlen darf die simulierte zu erwartende Raumkurve im Vergleich zum original LS1.
51290
Die Senke um 2kHz ist etwas heftig, dafür ist der Bereich über 2kHz ausgeglichener als im Original. Unter 1.5kHz sieht es weiterhin nicht gut aus für die "Gri-co".

Fortsetzung folgt...


Gruß Armin

ctrl
02.11.2019, 01:13
...
Allzu viel mögliche Parameter zur Veränderung stehen nicht zur Auswahl. Dürfte also keine Überraschung sein, wenn als nächstes die Gehäusebreite verändert wird.

Statt mit 55cm Breite der LS1 wird nun mit nur noch 44cm Breite der "Heco Direct" simuliert, ansonsten bleibt alles wie in Post#94.
51294 51293


Das normierte horz. Sonogramm +-90°, in 1dB Schritten um die Unterschiede besser hervorzuheben.
51300 51295
Über alles gesehen ist die Abstrahlung besser als beim Original. Das erkennt man leichter in den FG-Diagrammen weiter unten.


Die normierten horz. FG
51299 51296


Das normierte vert. Sonogramm +-90°
51298 51297
Da gibt es keinen eindeutigen Sieger. Die Abstrahlung nach oben (untere Hälfte im Sonogramm) ist beim "Grico" besser als beim LS1. Dafür ist die Abstrahlung nach unten beim LS1 besser.


Die simulierte zu erwartende Raumkurve im Vergleich zum original LS1
51301
Über 600Hz ist die "Grico" der original LS1 ein klein wenig überlegen, da bis auf eine Überhöhung um 4.5kHz die simulierte Raumkurve gleichmäßiger verläuft.
Bei der umgestalten Version scheint der Bereich um 400Hz ein Problem zu sein, denn da schiebt die große Schallwand viel Schalldruck in den Raum. Wenn man aber den "floor bounce" mit berücksichtigt, gleicht dieser bei einer typischen Abhörentfernung von 3m das zu viel an Schalldruck ziemlich gut aus.
51303


In den meisten Abhör-Umgebungen werden die ersten seitlichen Reflexionen eine große Rolle spielen. Die wenigsten können seitlich mehrere Meter Abstand halten oder haben Absorber an den Schall-Spielgelpunkten.
Daher hier ein detaillierterer Vergleich der ersten seitlichen Reflexionen. Diese werden in den meisten Fällen zwischen 45° und 75° liegen. Deshalb der Vergleich dieser Winkel-FG.
51302
Da hat das Original keine Chance gegen die umgestaltete Version.

Diese Variante scheint mir ein ziemlich guter Ausgangspunkt für einen Zwitter aus LS1 und Heco Direct zu sein. Die Maße wären HxBxT mit 90x44x16cm, der TMT auf 67,5cm und der Seas DXT auf 84cm. Radius der Verrundung wie bei der LS1 mit 8cm.

Gruß Armin

Gaga
02.11.2019, 07:27
Große Klasse - vielen Dank Armin.

Gruß,
Christoph

EMP
02.11.2019, 07:34
Auch von mir vielen Dank :prost:

icebaer
02.11.2019, 09:12
Ein wirklich ganz großes Danke schön für die vielen Auswertungen! :danke:
Ist wirklich immer interessant zu sehen, wie sich einzelne Veränderungen auswirken.

Die Ergebnisse machen ja Hoffnung, dass eine "Grico" (der Name gefällt mir) keine wirkliche Verschlechterung gegenüber dem Original wäre.
Das freut mich zu hören :)

Gruß,
Kai

ctrl
02.11.2019, 12:43
Hallo,
danke fürs Ego streicheln ;)


Die Ergebnisse machen ja Hoffnung, dass eine "Grico" (der Name gefällt mir) keine wirkliche Verschlechterung gegenüber dem Original wäre.
Das freut mich zu hören
Die Grico wäre anders als die LS1, aber imho keinesfalls schlechter (nach meinen Prioritäten bewertet, eher besser) - entscheidend ist natürlich wie gut deine klangliche Abstimmung später ausfällt ;)

Habe mal eine Simulation mit den angestrebten Maßen der Grico mit etwas besserer Auflösung gestartet (wird noch ein paar Stunden laufen), dann hast du die (von meiner Seite aus) bestmöglichen Informationen bevor du das Projekt startest.

Falls das Projekt realisiert wird, bin ich schon auf den Entwickler-Thread gespannt und ob weitere Abweichungen von der LS1 geplant sind (z.B. low-profile Subwoofer auf die Rückseite, 8'' Mitteltöner statt TMT,...)

Gruß Armin

icebaer
02.11.2019, 17:20
danke fürs Ego streicheln
Dank wem Dank gebührt ;)



Falls das Projekt realisiert wird, bin ich schon auf den Entwickler-Thread gespannt und ob weitere Abweichungen von der LS1 geplant sind (z.B. low-profile Subwoofer auf die Rückseite, 8'' Mitteltöner statt TMT,...)
Die original Treiber der LS1 liegen schon hier. Es wird also bald damit losgehen :)

ctrl
02.11.2019, 21:17
Hallo,


Die original Treiber der LS1 liegen schon hier. Es wird also bald damit losgehen
Das hört sich schon ziemlich konkret an - spannend!

Bei den Simulationen habe ich das Dayton RS225-8 als Chassis zugrunde gelegt. Bei "dust cap height" wäre, wegen des Phase-Plug, der Wert 0 wohl angebracht. Falls sich die Werte des Seas Chassis zu sehr von den unten aufgeführten unterscheiden, kannst du mir die Daten zukommen lassen und ich simuliere nochmal mit den korrigierten Daten.


// Woofer driver dimensions
dWoofer = 150 // membran diameter
sWoofer = 14 // Width of outer suspension
kWoofer = 6 // dust cap height
cWoofer = 38 // Diameter of dust cap
chWoofer = 40 // Cone height


So, hier also der aktuelle Stand für die "Grico" mit folgenden Parametern:

HxBxT mit 90x44x16cm
TMT auf 67,5cm und der Seas DXT auf 84cm
Radius der Verrundung wie bei der LS1 mit 8cm

51319


...und hier der Vergleich der Simulation der "Grico" mit exakt den genannten Daten im Vergleich zur LS1. Zuerst noch die nicht normierten simulierten Chassis-FG und deren Phasenlage (für die Grico):
51333
Saubere Filterflanken und sehr gute Phasenlage bei der Trennfrequenz - alles im grünen Bereich, die Simu sollte realistische Ergebnisse liefern für die Trennung mit LR4@1550Hz.

Nun aber zum Vergleich:

Das normierte horz. Sonogramm +-90°, in 1dB Schritten um die Unterschiede besser hervorzuheben.
51311 51312


Die normierten horz. FG
51310 51313


Das normierte vert. Sonogramm +-90°
51309 51314


Das normierte horz. Sonogramm +-180°
51315 51316


Die simulierte zu erwartende Raumkurve im Vergleich zur original LS1
51317
Ab 600Hz simuliert sich die Grico (blaue Kurve) gleichmäßiger mit weniger sprunghaften Änderungen der Abstrahlung.

Gruß Armin

Koaxfan
03.11.2019, 07:49
Dumme Frage: War nicht anfangs das Ergebnis, dass die schrägen 35 Grad Fasen zum DXT besser passen als die Verrundungen? Ist das überholt oder ist es ein Tribut an das Design?

roomcurve
03.11.2019, 11:57
Ab 600Hz simuliert sich die Grico (blaue Kurve) gleichmäßiger mit weniger sprunghaften Änderungen der Abstrahlung.
Tut sie das?

51322

Ich sehe kaum Vorteile und gefühlt eher das gewünschte gleichmäßige monotonische Verhalten bei der roten Kurve.

Übrigens, auch von mir vielen Dank für die tolle Arbeit! :cool:
:prost:

fosti
03.11.2019, 12:17
.....
Übrigens, auch von mir vielen Dank für die tolle Arbeit! :cool:
:prost:

Oh ja Armin, dem schließe mich an und werde wohl eher Dein Design übernehmen als das Originale!
:prost:

ctrl
03.11.2019, 12:36
Dumme Frage: War nicht anfangs das Ergebnis, dass die schrägen 35 Grad Fasen zum DXT besser passen als die Verrundungen? Ist das überholt oder ist es ein Tribut an das Design?
Da es sich bei der "Grico" um einen Zwitter aus Grimm LS1 und Heco Direct handelt, waren die Rundungen praktisch gesetzt. Es ist aber nach meiner Erfahrung so, dass bei breiten Gehäusen eine Rundung bessere Ergebnisse liefert als entsprechend große Fasen.

Bei kleinen Gehäusen, wie zu Beginn des Threads als kleine Gehäuse für 2-Weger (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?17605-Schallwand-und-Abstrahlung-im-Hochton-oberen-Mittelton&p=239070&viewfull=1#post239070) simuliert wurden, kann man mit schrägen Fasen sehr gute Ergebnisse erzielen.
Aber in Post#17 wurde gezeigt (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?17605-Schallwand-und-Abstrahlung-im-Hochton-oberen-Mittelton&p=239323&viewfull=1#post239323), dass Rundungen auch bei kleinen Gehäusen sehr gute Ergebnisse zeigen.

Hoffe in meine Posts erscheinen die Aussagen nicht wie postulierte Dogmen; vielmehr sollen die Beispiele aufzeigen wie komplex und schwierig die Materie ist und dass es Strategien gibt die Abstrahlung von LS zu verbessern, es letztlich aber sehr individuell am einzelnen Projekt hängt.

Gruß Armin

Koaxfan
03.11.2019, 13:12
Vielen Dank für die wie immer klare und verständliche Erläuterung! Womit machst Du eigentlich diese genialen Simulationen? Ich habe richtig Lust bekommen, mich mal selbst mit den verschiedenen Schallwänden zu beschäftigen - zugegebenermaßen anfangs nur mit einem Chassis.

Gaga
03.11.2019, 13:51
Moin Koaxfan,

die Simus sind mit ABEC gemacht - siehe u.a. hier (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?11174-Der-ABEC-Thread).

Nils hat da ein schönes Beispielskript zum Download (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?11174-Der-ABEC-Thread&p=198378&viewfull=1#post198378)bereit gestellt, das als Ausgangspunkt für solche Simulationen prima verwendet werden kann.

Gruß,
Christoph

ctrl
03.11.2019, 15:28
Ich sehe kaum Vorteile und gefühlt eher das gewünschte gleichmäßige monotonische Verhalten bei der roten Kurve.

Gegenargument! "I will call the police" (um es mit den Worten von Davie504 (https://www.youtube.com/user/Davie504/videos?disable_polymer=1)zu sagen) :)

Auf deine "Mittelgerade" bezogen hast du Recht.

Das "gleichmäßiger mit weniger sprunghaften Änderungen der Abstrahlung" meiner Aussage bezieht sich vornehmlich auf den wichtigen Bereich 1-4kHz. Dort ist die simulierte Raumkurve der LS1 deutlich "welliger".

In Post#93 hatte ich es schon angemerkt - die LS1 zeigt genau im Bereich der Ohrkanalresonanz um 2.7kHz ein zu viel an Schallenergie. Deine Mittelgerade zeigt dies auch sehr eindrücklich. Ich gebe zu einen kleinen Fetisch auf den Bereich 2-3kHz zu besitzen ;)

Dafür hat die "Grico" im Bereich 4-5kHz erhöhte Schallenergie welche auf Achse ausgeglichen werden sollte.

Wobei es häufig so ist, dass aufgrund von Kantendiffraktions-Effekten die Aufweitungen der Abstrahlung im normierten Diagramm, durch eine Senke im nicht normierten Achsen-FG schon abgemildert werden.

Hier die nicht normierten simulierten FG der LS1 und der "Grico" und die simulierten Raumkurven plus "Mittelgerade" von "roomcurve":
51324 51323 51327
Da zeigt sich beim Vergleichen, dass der unbehandelte Achsen-FG schon einige "Buckel und Senken" der simulierten Raumkurve etwas korrigiert.
Die simulierte Raumkurve, beruht auf einer empirisch ermittelten Gewichtung von verschiedenen Winkel-FG und die Realität ist nochmal deutlich komplexer, daher ist klar dass 1dB Anhebung oder Absenkung des Achsen-FG sich nicht linear in der Raumkurve niederschlägt.

Gruß Armin

roomcurve
03.11.2019, 15:37
In Post#93 hatte ich es schon angemerkt - die LS1 zeigt genau im Bereich der Ohrkanalresonanz um 2.7kHz ein zu viel an Schallenergie. Deine Mittelgerade zeigt dies auch sehr eindrücklich. Ich gebe zu einen kleinen Fetisch auf den Bereich 2-3kHz zu besitzen
Das kann ich sehr gut nachvollziehen, ich präferiere persönlich auch bei vielen Aufnahmen Lautsprecher die dort etwas zurückgenommen sind, Stichwort BBC- oder Präsenzdip.
:prost:

Joern
03.11.2019, 16:41
Hi

Große Klasse - vielen Dank Armin.
Ja danke !

Mal eine Frage zu einem einfacheren Gehäuse:

Wie verhielte sich das bei einem "Kasten" ?

Timmermann hat die "Wavemon223" so entworfen - 34*25*80cm 8"/1".
Mit Fasen 45mm und 25° bzw. ohne Fasen.

Ohne Fasen wäre Gehäuse etwa der Art wie Trenner&Triedl (https://www.trenner-friedl.com/index.php?menu=product&sprache=de&second=pharoah) .
Haben den großen Vorteil, dass die ganz einfach zu bauen sind ...

Das die anders sind, ist mir schon klar.
Jedoch - wie wenig schlechter sind die denn ?
Danke.

ctrl
03.11.2019, 16:54
@Jörn

Wie verhielte sich das bei einem "Kasten" ?
Kann da gerne mal was simulieren.
Bezogen auf die "Grico", wie soll der Kasten denn aussehen? Alles bis auf die Seiten gleich bleiben wegen der besseren Vergleichbarkeit? Welche Breite schwebt dir vor 44cm oder die Rundung abgezogen 36cm oder 40cm als Mittelwert?

Gruß Armin

Joern
03.11.2019, 17:33
Hi

irgendwie "einfach" und vergleichbar mit den anderen.
Geht ja mehr ums Prinzip als um ganz konkretes "millimetergenaues" Projekt ... ;)

Eine Idee: 40cm - als "Mitte" und als "Baumarktbrett" überall verfügbar ...
KISS (keep it stupid simple ) eben

Danke.

icebaer
03.11.2019, 18:41
Hab den W22EX001 jetzt mal vermessen.


// Woofer driver dimensions
dWoofer = 155 // membran diameter
sWoofer = 15 // Width of outer suspension
kWoofer = 6 // dust cap height
cWoofer = 36 // Diameter of dust cap
chWoofer = 30 // Cone height
Die bisherigen Werte passen also recht gut.
Denke die kleinen Abweichungen machen den Bock nicht fett und lohnen keine Neuberechnung.
Ich bin zumindest sehr zufrieden mit den Ergebnissen und den daraus entstehenden Vorgaben :)

ctrl
03.11.2019, 21:17
Wie erbeten, der Vergleich breite, große Schallwand mit seitlicher Rundung versus "einfacher Kasten" anhand der "Grico" aus Post#101 (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?17605-Schallwand-und-Abstrahlung-im-Hochton-oberen-Mittelton&p=266935&viewfull=1#post266935).
Die "Grico" mit folgenden Parametern:


HxBxT mit 90x44x16cm
TMT auf 67,5cm und der Seas DXT auf 84cm
Radius der Verrundung wie bei der LS1 mit 8cm

51340


Der "einfache Kasten" wie bei der Grico ohne Rundung und mit nur 40cm Breite.
51334


Zunächst mal der simulierte nicht normierte FG im Vergleich - die Grico bei allen Vergleichen zuerst, dann der "einfache Kasten":
51341 51335

Die norm. horz. Abstrahlung:
51342 51336


Die norm. horz. Frequenzgänge:

51343 51337


Die norm. vert. Abstrahlung:
51344 51338


Zu guter Letzt noch der Vergleich der simulierten Raumkurven:
51339

Der spartanische Ansatz wird nicht wirklich belohnt, da macht man schon deutliche Abstriche im Abstrahlverhalten - zu viel "Retro" ist auch nicht gut ;)

Gruß Armin

UPDATE: Ein paar vertauschte Diagramme korrigiert - genug simuliert für heute :schnarch:

fosti
03.11.2019, 22:02
Armin, ich bin höchst begeistert! :danke:

Joern
04.11.2019, 12:13
Danke, Armin.

Die einen verbrauchen ihr Budget also am Tischler - die anderen am SPL-Verdreher ;) ;)

EMP
04.11.2019, 12:47
Die einen verbrauchen ihr Budget also am Tischler - die anderen am SPL-Verdreher ;) ;)

Ich bin zwar nich Armin, aber ich glaube nicht, dass eine Kompensation so einfach ist (weil ja das Abstrahlverhalten auch wichtig ist=

ctrl
04.05.2020, 16:53
Hallo,

da das Projekt El Grico sich seiner Vollendung nähert (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?19868-El-Grico), bietet sich an einmal zu überprüfen wie gut Simulation und die Messung des fertigen Lautsprecher denn nun übereinstimmen.

Die letzte Simulation findet sich hier im Thread (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?17605-Schallwand-und-Abstrahlung-im-Hochton-oberen-Mittelton&p=266935&viewfull=1#post266935) und hatte die Maße:


HxBxT mit 90x44x16cm
TMT auf 67,5cm und der Seas DXT auf 84cm
Radius der Verrundung wie bei der LS1 mit 8cm


https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/attachment.php?attachmentid=51319&d=1572725059&thumb=1
(https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/attachment.php?attachmentid=51319&d=1572725059)
Die endgültigen Maße im Projekt waren dann:
- H x B x T = 85 x 45 x 15 cm
- Radius 7,5cm
- SW: 45cm Breite = 30cm gerade + 2*7,5cm Rundung
- HT auf 78cm, 7cm von Oberkante
- TMT auf 61cm, 24cm von Oberkante

https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/attachment.php?attachmentid=53063&d=1583069724&thumb=1 (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/attachment.php?attachmentid=53063&d=1583069724)


Anfänglich war ich mit der Übereinstimmung von Simulation und den Messungen des realisierten Lautsprecher von icebaer nicht so richtig begeistert. Aber es gab auch einige Abweichungen:
- Simulation bezog sich auf 2m Entfernung zwischen HT und TMT, icebaer hatte auf Höhe des HT in 1m Entfernung gemessen
- Die Simulation ist nach Hinten nicht verrundet.
- Leichte Veränderungen der Gehäusemaße

Daher habe ich Simulation mit den aktuellen Maßen auf 1m Abstand mit dem HT als Bezugsachse nochmal durchgeführt und das Ergebnis von Simualtion und Realität kann sich wirklich sehen lassen:
54614
So ab 8kHz wird die Simulation ungenau, hatte keine Lust 7h auf ein Ergebnis mit besserer Auflösung zu warten. Aber ab 8kHz hat die Schallwand sowieso kaum noch Einfluss auf das Ergebnis.
Mit Chassis die sich über einen möglichst großen Frequenzbereich ideal Verhalten, ist die Simulation, in meinen Augen, geradezu atemberaubend zutreffend.


Grenzen der Simulation

Ganz anders sieht es wohl aus, wenn dies nicht der Fall ist. Für ein Forenmitglied wollte ich einen Lautsprecher mit der Waveguide-Kalotte Wavecor TW030WA11 durchführen. Aber schon die Simulation in Axi-Driver hat gezeigt, dass sich die große Gewebekalotte alles andere als ideal verhält und wohl sehr früh aufbricht.
Im Vergleich Herstellermessungen in unendl. Schallwand und Simulation in Axi-Driver:
54615
Bei solch immensen Abweichungen macht eine Simulation in ABEC natürlich keinen Sinn mehr.

wilbur11
04.05.2020, 17:09
Hallo,

da das Projekt El Grico sich seiner Vollendung nähert (https://www.diy-hifi-forum.eu/forum/showthread.php?19868-El-Grico),

Daher habe ich Simulation mit den aktuellen Maßen auf 1m Abstand mit dem HT als Bezugsachse nochmal durchgeführt und das Ergebnis von Simualtion und Realität kann sich wirklich sehen lassen:
54614
So ab 8kHz wird die Simulation ungenau, hatte keine Lust 7h auf ein Ergebnis mit besserer Auflösung zu warten. Aber ab 8kHz hat die Schallwand sowieso kaum noch Einfluss auf das Ergebnis.
Mit Chassis die sich über einen möglichst großen Frequenzbereich ideal Verhalten, ist die Simulation, in meinen Augen, geradezu atemberaubend zutreffend..

Hallo,

ich finde, die Korrelation Simu «-» Messung schon erstaunlich; einzig der Ausreisser bei 30° erstaunt mich.

Danke für die super Dokumentation!

ctrl
04.05.2020, 17:17
ich finde, die Korrelation Simu «-» Messung schon erstaunlich; einzig der Ausreisser bei 30° erstaunt mich.

Icebaer hatte den Chassisausschnitt für den HT etwas zu groß und/oder zu tief gefräst, daher ist es gut möglich, dass die Abweichung bei >6kHz@30° auch damit zu tun hat.

Gruß Armin

wilbur11
04.05.2020, 17:29
Hallo Armin,

das kann natürlich sein.

icebaer
04.05.2020, 20:42
Wow, toll zu sehen, dass Simu und Realität wirklich so gut übereinstimmen. Die Unterschiede sind ja wirklich nur marginal.
Und danke nochmal für diesen abschliessenden Vergleich!!


Icebaer hatte den Chassisausschnitt für den HT etwas zu groß und/oder zu tief gefräst, daher ist es gut möglich, dass die Abweichung bei >6kHz@30° auch damit zu tun hat.
Ja, ich geb's zu. Die Ausfräsung ist nicht ganz perfekt geworden :o
Momentan sitzt der HT etwa 1-2mm zu tief drin und hat aussenrum noch etwas Luft. Beides werde ich noch korrigieren. Dann kann ich noch ein paar Messungen machen, ob sich damit noch etwas verbessert.

Freut mich jedenfalls, dass ich u.a. dank dir, jetzt so einen tollen LS zu Hause habe :)

ctrl
04.05.2020, 21:51
Freut mich jedenfalls, dass ich u.a. dank dir, jetzt so einen tollen LS zu Hause habe
Dank dir gibt es endlich den direkten Vergleich :prost: ; welchen ich eigentlich schon seit 1.5 Jahren durchführen wollte.

Habe gerade nachgesehen, seit Ende 2018 habe ich mit ABEC simulierte Projekte auf Platte liegen. Vollständig ausgearbeitet sind drei davon und ich bin jetzt erst dabei Projekt Nr. 1 fertig zu bauen - es ist zum Heulen...

Gruß Armin