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Dosenfutter
13.10.2012, 06:17
Das unbekannte Wesen - der Piezo

Viele rümpfen die Nase, sobald der Piezo (-Lautsprecher) erwähnt wird, andere nutzen ihn gern in billigen Lautsprecherlösungen. Was aber ist denn eigentlich ein Piezolautsprecher? Oder ein Piezoelement allgemein?


Der Aufbau von Piezoelementen

Lang:
Der piezoelektrische Effekt wurde schon 1880 von Pierre und Jacques Curie entdeckt, es handelt sich um eine Verschiebung von Ladungen in einem Kristall, auf den Druck oder Zug ausgeübt wird. Oder in anderen Worten, es wird durch die Verlagerung von Ionen eine positive oder negative Ladung (=Spannung) erzeugt. Mit höherem Druck oder Verformung entstehen höhere Spannungen. Auf diese Weise funktionieren beispielsweise manche Beschleunigungssensoren, druckempfindliche Sensoren von Alarmanlagen, in Schrittzählern oder ähnlichen Gadgets.

In der Regel bestehen die Piezoelemente aus einer dünnen Metallplatte, auf der die Kristalle aufgebracht werden. Die Metallplatte wird zur Montage und gleichzeitig als Elektrode benutzt, auf die Kristallschicht wird meist eine weitere dünne Metallplatte, die 2. Elektrode, angebracht. Der piezoelektrische Effekt tritt bei verschiedenen Kristallen auf, z.B. bei Topas, Quarz, Rohrzucker, aber auch bei verschiedenen Keramiken.

Kurz:
Ein Piezoelement ist ein Kristall, der unter Druck eine elektrische Ladung erzeugt, die über am Piezokristall angebrachte Elektroden gemessen bzw. genutzt werden kann.


Die Anwendung von Piezoelementen

Lang:

Obwohl 1880 die Piezoelektrizität von den Curie-Brüdern entdeckt wurde, haben nicht sie selber sondern Gabriel Lippmann in 1881 den umgekehrten Effekt entdeckt und herausgefunden, daß man, wenn man dem Piezo-Kristall unter Spannung setzt, daß eine dementsprechende Bewegung, Zug oder Druck, entsteht. Diese Entdeckung schlummerte aber noch eine Weile ungenutz in den Forschungsunterlagen, erst 1915- 1917 baute der Franzose Paul Langevin einen Unterwasser-Ultraschall-Erzeuger und -Sensor, der die reflektierten Schallwellen wieder registrieren konnten, das Gerät wurde bekannt als aktives Sonar. Danach erfolgte die Nutzung von Piezoelementen sowohl als Sensor, zur Stromerzeugung für Gasanzünder (z.B. Feuerzeug) als auch zur Signalerzeugung in Summern, Ultraschallsonden oder auch für die Zerstäubung von Flüssigkeiten (z.B. Einspritzanlage von Autos, Druckköpfe von Tintenstrahldruckern), in Mikrofonen und Tonabnehmern genutzt - und natürlich in den berühmt-berüchtigten Piezo-Lautsprechern.

Kurz:
Piezoelemente werden für Mikrofone, Einspritzanlagen, Sensoren, Sonden usw. verwendet - und für Lautsprecher

Dosenfutter
13.10.2012, 07:20
Wie ist ein Piezolautsprecher aufgebaut?

Lang:
Die übliche Bauform der Piezoelemente ist - vor allem für Lautsprecher - in der Regel rund, zwischen einem und fünf Zentimeter im Durchmesser. Zur Schallerzeugung wird das Piezoelement entweder am Rand fixiert (was oft zu besonders starken Resonanzen führt) oder freistehend genutzt, die Signalübertragung erfolgt meist durch eine in der Mitte des Piezoelements befestigte Konusmembran, manchmal auch durch eine außen am Rand anliegende Kalotte. Die Membran ist dabei außen befestigt und auf dem Piezoelement punktuell oder ringförmig aufgeklebt, sie hält dabei das Piezoelement. Die Konusmembran ist in der Regel ein simpler Kegel, der keine spezielle Sicke hat und am Rand vom Gehäuse kraftschlüssig eingeklemmt ist. Der Membran wird häufig ein Horn in verschiedensten sinnigen oder unsinnigen Formen vorgesetzt.

Kurz:
Es wird (selten) eine Kalotten- oder (sehr häufig) eine Konusmembran benutzt, auf die das Piezoelement aufgeklebt wird. Sehr oft wird ein Horn vorgesetzt, daß den Wirkungsgrad erhöhen soll.


Welche Eigenschaften hat ein Piezolautsprecher?

Lang:
Vorneweg: Piezos klirren. Piezokristalle und die Trägerelektroden sind harte Materialien, haben also kaum innere Dämpfung, deswegen können sich Resonanzen und Nicht-liearitäten (hauptsächlich Klirr) stark auswirken. Je nach Piezo, Horn und Beschaltung sind bestimmte Klirranteile teilweise allerdings schon im für den Menschen nicht mehr hörbaren Bereich. Der Kristall und die Metallplatten können keine großen Hübe ausüben, da die mögliche Dehnung der Piezoelemente stark begrenzt ist. Werden höhe Hübe gefordert, kann der Klang ins 'Schreien' umschlagen. Ein Horn reduziert durch die höhere Luftlast den Hub (und damit auch einen Teil vom Klirr) und verstärkt durch die Bündelung und akustische Transformation den Wirkungsgrad, deswegen ist die Kombination Piezo und Horn naheliegend. Während im 'normalen' HiFi- oder PA-Bereich eine Materialschlacht tobt um Membranmaterialien und exotische Spulen- und Magnetkonstruktionen, versuchen die Piezo-Hersteller in den letzten Jahren immer mehr, den Klirr und den Klang durch geschickte Horn- und Druckkammergestaltungen zu verbessern. Je kleiner das Verhältnis der Fläche von Membran zu Druckkammerausgang ist, umso mehr wird der Hub reduziert und der Wirkungsgrad erhöht. Dummerweise arbeitet dann die verdrängte Luft auch nicht mehr linear und statt dem Klirr durch den Hub hat man dann Klirr durch die 'überlastete' Luft - es ist also nicht ganz so einfach, das zu optimieren, es ist (wie fast immer beim Lautsprecherbau) alles ein Kompromiß. Da die Piezos aber Billigprodukte sind und sich schon seit Jahrzehnten in Massen verkaufen lassen, fließt nicht sehr viel in die Entwicklung und Verbesserung der Lautsprecher. Einzige mir bekannte Ausnahme: Audax hat vor etlichen Jahren einen sehr innovativen Piezo-Lautsprecher mit einer Gasgefüllten Blase als Membran auf den Markt gebracht.

Elektrisch verhält sich ein Piezo sehr ähnlich wie ein Kondensator, bei tiefen Frequenzen hat er eine hohe Impedanz, die zu höheren Frequenzen immer weiter absinkt. Dadurch hat der Piezo quasi seine 'eingebaute Frequenzweiche' und man kann ihn teilweise ohne weitere Beschaltung einsetzen (dazu später aber mehr). In einem Piezolautsprecher wird nur sehr wenig Wärme erzeugt, was sie im Betrieb sehr robust macht, solange die maximale Spanung nicht überschritten wird. Die meisten Piezolautsprecher haben eine maximale Betriebsspannung von 25V (Eff.), überschreitet man diese, gibt es einen Durchschlag in der Kristallschicht und der Piezo ist Geschichte. Einen weiteren wichtigen Punkt gibt es noch zu beachten, die gerichtete Kristallstruktur wird zerstört, wenn das Piezoelement zu heiß wird. Die kritische Temperatur liegt zwischen 80 und 150°C und kann leicht erreicht werden, wenn man auf den Anschlußfähnchen der Piezos mit dem Lötkolben fleißig herumbrät. Wer kein so geschickter Lötkolbenartist ist, sollte also besser Kabelschuhe auf die Anschlüsse aufstecken. Die Piezos werden dabei meist nicht komplett zerstört, werden aber durch die geringere wirksame Keramikfläche deutlich leiser.

Kurz:
Piezos haben einen recht hohen Klirr. Sie verhalten sich an Wechselspannung (=Musik) ähnlich wie Kondensatoren, hohe Impedanz, die zu den Höhen immer weiter absinkt. Man kann sie teilweise ohne Beschaltung direkt parallel zu anderen Chassis einsetzen. Die maximale Betriebsspannung ist in der Regel 25V (eff.), vorsicht beim Einlöten

Dosenfutter
13.10.2012, 07:21
..to be continued.. :rolleyes:

eltipo
14.10.2012, 20:24
..to be continued.. :rolleyes:


Daumen hoch!

Danke! :thumbup:

SNT
14.10.2012, 21:03
Prima! Hab gar nicht gedacht, dass da ein Konus auf der Piezoplatte aufliegt. Wie der da drauf liegt, wär mal interessant anzuschauen.

Dosenfutter
14.10.2012, 22:02
Danke! :D Morgen kommen Fotos. ;) Dann wird es nicht mehr ganz so trocken! :D

sayrum
15.10.2012, 14:34
Dank für die detallierten Ausführungen. Das unbekannte Wesen ist ja interessanter als erwartet! :ok:
Ich bin gespannt auf die weiteren Folgen :)

Dosenfutter
15.10.2012, 15:59
Mir geht's grad nicht so gut, ich poste heute abend/nacht noch fotos, der Rest muß leider noch etwas warten. :(

SNT
22.10.2012, 11:51
Hallo Dosenfutter,

gute Besserung!