ax3 schrieb:Die bei Rabe gelisteten Gitter sind m.E. schon relativ schallundurchlässig.
Das ist eine häufig gemeinte, ebenfalls so häufig gehörte, und jedesmal nicht ganz korrekte Vorstellung von dem, was bei so einem Lautsprechergitter passiert.
Also: die meisten LS-Gitter sitzen so dicht vor den Membranen, dass im Großteil Nahfeld-Bedingungen angenommen werden können. Der Übergang findet irgendwo in der allerhöchsten Oktave statt, dazu unten mehr.
Nahfeld bedeutet, dass der Raum zwischen Membran und Gitter als Volumen angenommen werden kann, und das Gitter selber als Verengung. Mancher mag jetzt an die Druckkammern von Hörnern denken und hat damit völlig Recht, mit dem gravierenden Unterschied, dass kein Horn davor sitzt und man daher nichts verliert* und nichts gewinnt. Der Durchlass durch das Gitter stellt natürlich eine akustische Masse dar, und deswegen ergibt sich ein schöner feiner Helmholtzresonator, mit einer für Bässe und Mitteltöner** üblicherweise nicht weiter relevanten Resonanzfrequenz, weil sowohl Volumen als auch Masse recht klein sind. So ein HR wirkt als Tiefpass, d. h. unterhalb der Resonanzfrequenz lässt der alles durch. Das heißt im Weiteren, dass es ziemlich egal ist, ob das Gitter 50% oder 70% Durchlass hat, das hat keinen Einfluss.
Das gleiche gilt auch für die direkt vor den Kalotten sitzenden Gittern von Metallhochtöneren. Volumen sehr klein, akustische Masse noch kleiner, kein großes Problem. Macht man allerdings ein komplettes Gitter vor den Lautsprecher, welches so 1 bis 2 cm vor der Schallwand sitzt, dann befindet sich das Gitter für den HT nicht mehr im Nahfeld, sondern es findet dann "echte" Wellenausbreitung statt. Allerdings sitzt das Gitter immer noch so nah, dass man Wellenleiterbedingungen annehmen kann, und weil das Gitter den Durchlass begrenzt wird natürlich auch etwas zurückgeworfen. Mancher mag jetzt an eine Transmissionline denken und hat damit völlig recht, mit dem gravierenden Unterschied, dass die Realität deutlich komplexer ist. Macht aber nichts, für die Vorstellung reicht es aus. Und tatsächlich wird man eine Welligkeit im Frequenzgang sehen, sobald das Gitter davor ist, die aber nur entfernt was mit lambda/4 zu tun hat weil nämlich kein echter Wellenleiter vorliegt und der Durchlass auch noch (weiterhin) eine akustische Masse darstellt. Aus dem gleichen Grund ist der Unterschied zwischen einem 50%-Gitter und einem 70%-Gitter in der Realität nicht so groß wie er wäre, wenn man so ein Gitter ans Ende einer TML klemmen würde.
Noch ein Wort zur akustischen Masse: die ist nicht nur vom Durchlass abhängig, sondern auch von der Dicke des Gitters. Das heißt, dass ein 50% Gitter, was sehr dünn gefertigt werden kann, und eines mit 70%, welches mehr Stärke benötigt um seine Stabilität zu wahren, akustisch gleichwertig sein können. Die maximale freie Fläche, die mir bisher untergekommen ist, war irgendwas bei 85% mit Hexagonallochung. Da gab es auch irgendeinen fertigungstechnischen Grund für, den weiß ich aber nicht mehr, da könnte ein Metaller weiterhelfen.
Disclaimer: im Zweifel immer das mit dem höchsten Durchlass, oder das, welches am besten aussieht
* das gilt, solange die Strömungsgeschwindigkeit durch das Gitter so klein bleibt, dass keine Wirbel und damit Strömungsverluste entstehen. Davon kann man erstmal ausgehen.
** da kann es tatsächlich am oberen Ende des Übertragungsbereichs schon zu messbaren Änderungen kommen, dass sind dann die Ausläufer der Resonanz