Mir gehen momentan einige Gedanken zu Linienstrahlern durch den Kopf. Letztens hatte jemand einen mitgebracht und der Effekt war schon beeindruckend. Der Pegelabfall von nur 3 dB pro Entfernungsverdopplung und die senkrechte Lokalisation zur Linienquelle waren sehr schön nachvollziehbar. Das sind ja beides Vorteile, die man z.B. im Wohnzimmer gut nutzen könnte.
Nun fallen mir aber diverse Nachteile ein.
1. Verhältnis Direkt- zu Diffusschall
Beispiel:
Kugelstrahler:
Direktschall aus 4 m Entfernung: -12 dB
Reflexion von der Seite (8 m): -18 dB
Differenz: 6 dB
Linienstrahler:
Direktschall aus 4 m Entfernung: -6 dB
Reflexion von der Seite (8 m): -9 dB
Differenz: 3 dB
Ich bin davon ausgegangen, dass die Reflexion ideal ist und dieselbe Form annimmt wie die Originalwelle. Demnach schneidet der Linienstrahler schlechter ab. Allerdings nur in der Ebene, denn die Reflexionen von Boden/Decke existieren ja bei maximal langen Linienstrahlern idealerweise nicht (Spiegelquellen).
2. Linienstrahler als Mehrweger
Ich mag aus diversen Gründen Breitbänder nicht. Punkt. Bitte keine Diskussion dazu!
Einen Linenstrahler als Mehrweger auszulegen ist nicht einfach. Koaxialtreiber fallen raus, da sie die geringen Abstände nicht einhalten.
Also bleibt nur die horizontale Anordnung paralleler Treiber-Linien. Die Abstände von TT/MT/HT ist dabei stark beschränkt, da sie die oberen Grenzfrequenzen der Zylinderwelle bestimmen.
Beispiel:
Tiefmitteltöner: 20 cm -> Trennung bei maximal 855 Hz
Mitteltöner: Morel MDM55 -> Trennung bei maximal 2 kHz
Hochtöner: Dayton ND16-FA -> Zylinderwelle bis 5,1 kHz, darüber funktioniert es nicht mehr
Bei so einer Konstellation erschafft man einen linienförmigen Halbraumstrahler. Ungünstig!
Damit erhöht sich ja der Diffusschall noch weiter. Also wären Waveguides oder Hörner schön. Die sind aber zu groß und lassen keinen möglichst geringen Abstand der Treiber zueinander zu.
Jetzt frage ich mich, wie man eine Linienquelle erschaffen kann, die
a) mehrere Wege besitzt
b) kontrolliert abstrahlt
c) kein Dipol ist
d) die Zylinderwelle möglichst breitbandig aufrecht erhält
Zunächst: ich weiß, dass viele Probleme in der Praxis nicht so stark auffallen wie in der Theorie und so eine Linie auch mit kleinen Breitbändern ganz nett klingt. Mir geht es aber um die Maximallösung.
Zitat:
Hochtöner: Dayton ND16-FA -> Zylinderwelle bis 5,1 kHz, darüber funktioniert es nicht mehr
Auch darüber hast Du noch eine Zylinderwelle, wenn auch keine "ideale". Es gibt halt einfach mehr und stärker ausgeprägte Nebenkeulen, als wenn Du ein Array endlicher Länge einsetzt. Ist aber nicht sonderlich kritisch, weil das Verhältnis von Direktschall zu Keule immer noch sehr hoch ist.
Zitat:Bei so einer Konstellation erschafft man einen linienförmigen Halbraumstrahler. Ungünstig!
Nö, gar nicht dramatisch. Horizontale Reflexionen sind nicht "böse", sondern oftmals hilfreich - solange sie nicht zu stark werden. Also akustische Maßnahmen einleiten!
es gibt schon mehrere Varianten, die ich als maximal bezeichne.
Das ist natürlich sehr teuer, wenn wir das aber außer Acht lassen können, folgen hier Beispiele ohne Kommentar. http://www.audiopro.de/live/jbl_46828_DEU_AP.html
Nur für die Hochtöner gibt es von den Profis natürlich auch Lösungen, als Beispiel von BMS die Planar Wave Treiber, ähnliches von JBL u.s.w.
Gerne verwendet werden auch mehrere Magnetostaten, oder sogar echte Bändchen 1m und länger.
Gruß
Thomas [h=1]Wer der Herde folgt, sieht nur Ärsche_ frei nach Hannes Jaenicke[/h]
Das ist interessant. An eine linienförmige Koaxialanordnung habe ich auch schon gedacht. Das Abstrahlverhalten möchte ich von der Konstruktion aber auch nicht unbedingt sehen. Die Mitten erzeugen schöne Nebenkeulen und übergeben dann an einen breit abstrahlenden Hochton. Naja...
Zitat:Auch darüber hast Du noch eine Zylinderwelle, wenn auch keine "ideale". Es gibt halt einfach mehr und stärker ausgeprägte Nebenkeulen, als wenn Du ein Array endlicher Länge einsetzt. Ist aber nicht sonderlich kritisch, weil das Verhältnis von Direktschall zu Keule immer noch sehr hoch ist.
Ja, dass es nicht so kritisch ist, konnte ich schon an der Breitbandlinie hören. Ich sehe da bei den kleinen Hochtöner erst recht kein Problem.
Zitat:Nö, gar nicht dramatisch. Horizontale Reflexionen sind nicht "böse", sondern oftmals hilfreich - solange sie nicht zu stark werden. Also akustische Maßnahmen einleiten!
Ich habe Toole gelesen.
Die seitlichen stehen stellvertreten für alle Reflexionen in der Ebene. Die von hinten und vorne werden ja im Gegensatz zu den seitlichen im Blindtest als störend wahrgenommen (->geringer IACC).
Ich wollte auch eher darauf hinaus, dass durch den geringen Pegelabfall auch die Reflexionen und möglicher Diffusschall stärker ausgeprägt sind und deswegen Bündelung wünschenswert ist. Sofern die Annahmen in meinen Beispielen oben korrekt sind...
22.08.2014, 14:31 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 22.08.2014, 15:09 von FoLLgoTT.)
@Kripston & naumi
Danke für die Links. Die CBTs von Keele sind mir bekannt. Das Konzept scheint mir interessant, allerdings sind es eher kleine Linien und die horizontale Bündelung ist auch nicht wirklich kontrolliert bzw. nicht verengt. Für die JBL gilt dasselbe.
Den planaren BMS-Treiber habe ich auch schon gefunden. Interessanterweise gibt es (unter anderem) auch von Limmer ein Doppelhorn für Line Arrays. Sowas geht schon in die Richtung, die ich mir vorstelle. Allerdings habe ich für den Mittelton nichts in der Art finden können, so dass man sich den Waveguide selbst entwickeln müsste. Trotzdem bleibt aber das Problem mit dem Abstand zu den Hochtönern, der ja dadurch deutlich größer wird.
Die Messungen des 1,9m langen Magnetostats RD75 habe ich ja oben verlinkt. Leider hat der ein Problem im Mittelton und dort auch im Abstrahlverhalten eine Aufweitung. Insgesamt sieht das nicht so richtig gut aus, wenn eine gleichmäßige Abstrahlung das Ziel ist...
Nachtrag: Geld soll bei den ganzen Überlegungen keine Rolle spielen.
Ein Link zu Seeburg wurde ja schon gepostet.
Da find ich aber nicht die großen modularen Line Arrays interessant sondern eher die GL Serie (weiter unten auf der Seite). Die haben noch Abmessungen die in sich der ein oder andere in die Wohnung stellen kann.
Ist auch Koaxial aber anders gelöst als bei den McIntosh. Das Abstrahlverhalten ist zwar nicht perfekt aber imho schon sehr gut.
Recht ausführliche Messdaten stehen zum Download bereit.
So ein "löchriger" WG wie Seeburg da einsetzt ist eben ein recht großer Entwicklungsaufwand und muss auch erstmal gebaut werden.
Moin,
ich hab die Seeburg GL16i, GL16c und GL24, sind zum musikhören sehr schön, wenn man einen Sub dazu nimmt.
Meine erste GL16i war übrigens die Seriennummer 001!!
Gruss
Stefan
jones34 schrieb:Ein Link zu Seeburg wurde ja schon gepostet.
Da find ich aber nicht die großen modularen Line Arrays interessant sondern eher die GL Serie (weiter unten auf der Seite). Die haben noch Abmessungen die in sich der ein oder andere in die Wohnung stellen kann.
Ah, die GL-Serie hatte ich übersehen. Das ist in der Tat so ungefähr das, wonach ich gesucht habe. Das horizontale Abstrahlverhalten sieht für einen Linienstrahler wirklich gut aus. Die Dinger sind ja sogar richtig klein (ca. 20 cm breit). Ein Modul mit 70 cm kostet aber auch mal eben in der Aktivversion 2700 €. Und für Deckenhöhe bräuchte man dann drei pro Seite.
Interessant ist im Datenblatt vor allem der Absatz, der den perforierten Waveguide erwähnt:
Datenblatt schrieb:Im Horn für die 1“ Hochtontreiber (1“Tweeter) befi nden sich
Kanäle, die den Schall des dahinter befi ndlichen Tiefmitteltöners
durchleiten. Im Arbeitsbereich des Hochtöners wirken
diese Kanäle als geschlossen, weil die eingeschlossene
Luftmasse als Refl ektor dient (AMR = Air Mass Refl ektion).
Der Tiefmitteltöner arbeitet dagegen auf einen akustischen
Bandpass, dessen Mittenfrequenz im Bereich der Übergangsfrequenz
liegt. Damit wird eine symmetrische und gleichmässige
horizontale Abstrahlung über einen weiten
Frequenzbereich erzielt. Der weitere Vorteil liegt in der
äusserst kompakten Bauweise dieser Konstruktion.
Das liest sich so, als ob die Löcher den Hochton nicht stören würden. Inwiefern das eine Annäherung ist, wäre mal interessant zu wissen.
Sowas sollte ja eigentlich auch nicht so schwer zu bauen sein. Wahrscheinlich wären einige Prototypen notwendig, um die optimale Lochgröße und -verteilung herauszufinden.
stefankhh schrieb:ich hab die Seeburg GL16i, GL16c und GL24, sind zum musikhören sehr schön, wenn man einen Sub dazu nimmt.
Subwoofersäulen (oder ein Array) versteht sich von selbst.
Wieviele hast du denn von den GL16 übereinander oder stehen die einzeln?
ich benutz die natürlich nicht zu Hause, mit einer GL16i +GL16c auf 5m Höhe etwas geneigt, natürlich pro Seite kann man bei Sprache locker 500 Personen draussen und 800 drinnen beschallen, hab ich schon gemacht und mache immer gerne, ist echt ein einfaches Setup.
der Entwickler des GL Arrays ist in diversen Foren unterwegs. Kannst ihn ja mal direkt kontaktieren. Im Visaton Forum z.B. mit Namen Fabi. Er hat übrigens meine Lightning gnadenlos runtergemacht was mich aber eher wenig gestört hat.
Franky schrieb:der Entwickler des GL Arrays ist in diversen Foren unterwegs. Kannst ihn ja mal direkt kontaktieren. Im Visaton Forum z.B. mit Namen Fabi. Er hat übrigens meine Lightning gnadenlos runtergemacht was mich aber eher wenig gestört hat.
FoLLgoTT schrieb:JDas ist interessant. An eine linienförmige Koaxialanordnung habe ich auch schon gedacht. Das Abstrahlverhalten möchte ich von der Konstruktion aber auch nicht unbedingt sehen. Die Mitten erzeugen schöne Nebenkeulen und übergeben dann an einen breit abstrahlenden Hochton. Naja...
Denke Dir einfach eine Reihe Mitteltöner weg. Die zweite ist nur für die Optik da.
Danke für die Tipps. Das Stage Accompany SA 8535 ist mit knapp 1000 € dann doch etwas zu teuer.
Was mich etwas wundert: ich finde kaum Magnetostaten (Bändchen), die sich von der Bauform her für einen Linienstrahler wirklich gut eignen. Meist ist der Rand relativ dick oder die Membran ist generell zu breit, so dass er horizontal früh bündelt (z.B. BG RD xx). Auf Anhieb fällt mir nur der Dayton PT2C-8 ein. Der auch noch halbwegs bezahlbar ist.
Gut, aber im Grunde geht es mir ja im Moment sowieso nur um ein Konzept, das gut funkioniert. Ich habe mich ja noch nicht einmal entschieden ob ich für meine Musikanlage überhaupt einen Linienstrahler baue oder einen konventionellen Lautsprecher...
JFA schrieb:Denke Dir einfach eine Reihe Mitteltöner weg. Die zweite ist nur für die Optik da.
Ja, das wäre der einfachste Fall, ein gleichmäßiges (aber breites) Abstrahlverhalten zu erreichen. Die einzelnen Zeilen müssen dann ja nicht einmal gleich lang sein. Je höher die Frequenz, desto weiter dehnt sich das Nahfeld der Zylinderwelle aus. Mir wäre aber eine stärkere (und möglichst konstante) Bündelung lieber.